Süddeutsche Zeitung

Nordrhein-Westfalen:Verfassungsschutz beobachtet salafistisches Frauennetzwerk

  • Der nordrhein-westfälische Verfassungschutz beobachtet etwa 40 weibliche Salafistinnen in Deutschland.
  • Sie sollen einem Schwesternetzwerk angehören, das im Internet missioniert.

Der Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen warnt vor der Entstehung von salafistischen Parallelgesellschaften in Deutschland durch Frauennetzwerke. In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung berichtet der Leiter des NRW-Verfassungsschutzes, Burkhard Freier, von einem "Schwesternetzwerk mit 40 Frauen", das seine Behörde beobachte. Weibliche Führungspersonen, von denen manche mehrere hundert Facebook-Follower hätten, seien in der Szene mittlerweile akzeptiert, da viele männliche Salafisten in Haft säßen.

Die Männer haben gemerkt, dass Frauen viel besser netzwerken können und deshalb viel stärker in der Lage sind, die Szene zu binden und am Leben zu halten", so Freier. Demnach haben die Frauen ein komplettes salafistisches Programm im Angebot - mit Tipps zum Kochen, Hilfe bei der Kindererziehung, aber auch Hetze gegen "Nichtgläubige". Die Salafistinnen seien "Ideologieproduzentinnen", die Mitglieder im Internet werben würden und dort versuchten, zu missionieren. Hinzu komme, dass die Frauen ihre eigenen Kinder von früh an indoktrinieren. "Dadurch wird der Salafismus zu einer Familienangelegenheit, es beginnt etwas zu entstehen, was sehr viel schwerer aufzulösen ist, nämlich salafistische Gesellschaftsteile."

Hunderte Personen als Gefährder eingestuft

Mit Aktionen gegen die Koran-Verteilaktion "Lies!" sei der Verfassungsschutz erfolgreich gewesen. Salafisten in Deutschland radikalisierten sich aber weiter und das überwiegend im Privaten. In ihrer Lehre eines extrem konservativ, rückwärtsgewandten Islams lehnen die Anhänger jegliche moderne Auslegung des Korans ab. Ihr Ziel ist es, Staat, Rechtsordnung und Gesellschaft nach ihrem Regelwerk umzugestalten - auch mithilfe von Gewalt.

Die Sicherheitsbehörden in Deutschland haben in den vergangenen Jahren etwa 720 Gefährder erfasst. Dabei handelt es sich um Personen, die als radikale Islamisten eingestuft werden, oder Kontakte zu selbigen pflegen. Von fast der Hälfte geht nach einer Untersuchung des Bundeskriminalamts aber kein besonderes terroristisches Risiko aus. Unter ihnen sollen nach dpa-Informationen mehrere Dutzend Frauen und Jugendliche sein.

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