Mallorca-Gate:Hat Hendrik Wüst zwei Wochen lang geschwiegen?

Mallorca-Gate: Was wusste Hendrik Wüst? Noch ist nicht klar, wann Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident über die Urlaubsreisen seiner Minister nach der Flut unterrichtet wurde.

Was wusste Hendrik Wüst? Noch ist nicht klar, wann Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident über die Urlaubsreisen seiner Minister nach der Flut unterrichtet wurde.

(Foto: Rüdiger Wölk/Imago)

In Nordrhein-Westfalen stehen Landtagswahlen an. Auch deswegen will die Opposition jetzt ganz genau wissen, wann der Ministerpräsident vom Urlaub der damaligen Umweltministerin Heinen-Esser trotz Flutkatastrophe wusste.

Von Christian Wernicke, Düsseldorf

So viel lässt sich sicher sagen: Wäre Anne Spiegel (Grüne) in den Tagen nach der Flut-Katastrophe im Juli 2021 Umweltministerin nicht in Rheinland-Pfalz, sondern im benachbarten Nordrhein-Westfalen gewesen - sie hätte wohl früher zurücktreten müssen. Spätestens am Sonntag. Denn da hatte die bisherige Bundesfamilienministerin vor laufender Kamera eine Aussage über ihre Rolle nach dem verheerenden Hochwasser selbst revidieren müssen, die sie Wochen zuvor als Zeugin vor dem Untersuchungsausschuss im Landtag in Mainz gemacht hatte. Ihr bislang verschwiegener Familienurlaub - vier Wochen Frankreich nur zehn Tage nach der Sintflut im Ahrtal - hätte sie nach den gerade in Düsseldorf angelegten Maßstäben für Wahrheit und Anstand dort vermutlich sofort um jedes Amt gebracht.

So ist es vergangene Woche in NRW Ursula Heinen-Esser ergangen, Spiegels damaliger Amtskollegin für Umwelt an Rhein und Ruhr. Die CDU-Politikerin hatte sich mit Teil-Offenbarungen über ihre neuntägige Mallorca-Reise - begonnen nur zwei Tage nach der Katastrophe - in Widersprüche verstrickt. Als dann noch rauskam, dass zwei CDU-Ministerkollegen ebenfalls nach "Malle" geflogen waren, um dort den Geburtstag von Heinen-Essers Ehemann zu zelebrieren, zog Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) die Reißleine: Die Umweltministerin musste gehen. Die 56-jährige Kölnerin wurde Opfer eigenen Ungeschicks. Die Tatsache, dass Heinen-Esser die politische Verantwortung für unzureichende Warnungen direkt vor der Flut und ein "Systemversagen" der Landesbehörden trug, spielte dabei kaum noch eine Rolle.

In fünf Wochen sind Landtagswahlen in NRW. Auch deshalb hielt Josef Hovenjürgen, der Generalsekretär der NRW-CDU, Spitzenpolitikern von SPD und Grünen vor, sie hätten die "Causa Spiegel" nach denselben Maßstäben bewerten müssen wie die "Causa Heinen-Esser" - und von ihren Parteifreunden in Berlin den Abgang der grünen Ministerin aus der Ampel-Regierung verlangen müssen. Die NRW-Wahl am 15. Mai ist wohl der Grund dafür, dass in Düsseldorf schneller und schärfer als in Mainz schlimmste Pannen und peinlichste Patzer ans Licht kamen: Die Legislaturperiode endet, und SPD und Grüne suchten pedantisch nach Fehlern, um damit ihren Wahlkampf zu befeuern.

Hat Hendrik Wüst zwei Wochen lang geschwiegen?

Auch deshalb schwelt Mallorca-Gate nun weiter. Allen voran die SPD will wissen, wann exakt Hendrik Wüst was genau erfuhr über die Reise von Heimatministerin Ina Scharrenbach und Europaminister Stephan Holthoff-Pförtner auf die sonnige Insel. Wüst ist nicht nur Regierungschef, sondern auch Spitzenkandidat der Christdemokraten am 15. Mai - und auf Platz 2 der CDU-Landesliste sieht jeder Wähler beim Ausfüllen des Stimmzettels den Namen "Scharrenbach".

Bisher hat Wüst kein präzises Datum genannt, wann ihn die Teilnehmer an der mallorquinischen Geburtstagsfeier einweihten. Indizien sprechen dafür, dass Wüst davon um den 24. März erfuhr. Denn da räumte Heinen-Esser öffentlich ein, dass sie nicht nur vier, sondern neun Tage auf den Balearen geblieben war. Publik wurde das Dinner unter der Sonne am 7. April. Was bedeuten würde: Wüst wurde nicht nur über Monate im Dunkeln gelassen von dreien seiner Kabinettsmitglieder. Er selbst hätte zwei Wochen lang zur Causa Mallorca geschwiegen. Am Montag zog Heinen-Esser aber noch einmal die Aufmerksamkeit auf sich: Sie erklärte, auf einen Sitz im neuen Landtag verzichten zu wollen, sollte sie gewählt werden.

Zur SZ-Startseite

SZ PlusNordrhein-Westfalen
:Schwelbrand im Hause Wüst

Ist nach dem Rücktritt von Umweltministerin Heinen-Esser wieder alles gut in der Landesregierung? Der Ministerpräsident sagt Ja. Doch seine Umfragewerte fallen, und die der CDU ebenso.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: