Nordrhein-Westfalen:Frühe Warnung aus dem eigenen Haus

Lesezeit: 2 Min.

Benjamin Limbach (Grüne), Justizminister in Düsseldorf, soll gegen das Prinzip der „Bestenauslese“ verstoßen haben. (Foto: Imago)

NRW-Justizminister Limbach wollte eine alte Bekannte zur Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts Münster küren. Die Personalie prüft nun ein Untersuchungsausschuss des Landtags – und die Opposition sieht neue Indizien für Kungelei.

Von Christian Wernicke, Düsseldorf

Ein internes Papier seiner eigenen Fachbeamten schürt neue Zweifel an einer brisanten Personalentscheidung von Nordrhein-Westfalens Justizminister Benjamin Limbach: Der grüne Minister wollte im Sommer 2023 eine Freundin und Abteilungsleiterin aus dem NRW-Innenministerium zur Präsidentin des Oberverwaltungsgerichts Münster küren – obwohl eine Referatsleiterin bereits im Oktober 2022 in einer Kurzanalyse gewarnt hatte, mindestens einer von zwei konkurrierenden Bewerbern habe gegenüber Limbachs Favoritin einen „Qualitätsvorsprung.“ Auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung spielt Limbachs Ministerium heute die Bedeutung des damaligen Kandidatenvergleichs herunter: Das Papier sei nur „eine vorläufige, rudimentäre Bewertung“ gewesen.

Die Affäre um die Personalie beschäftigte bereits vier Gerichte. Zuletzt hatte das Bundesverfassungsgericht der Verfassungsbeschwerde eines unterlegenen Bewerbers in Teilen stattgegeben. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster muss deshalb erneut prüfen, ob Limbach voreingenommen war und ob seine Entscheidung gegen das Gebot der „Bestenauslese“ verstieß, also letztlich gegen das Grundgesetz. Die Opposition aus SPD und FDP fordert seit Monaten Limbachs Rücktritt. Sie vermutet eine Kungelei der schwarz-grünen Koalition: Die CDU habe an der Spitze des höchsten Verwaltungsgerichts im Bundesland eine Parteifreundin sehen wollen, die Grünen verlangten eine Frau. Wegen des Streits ist der Posten an der OVG-Spitze seit drei Jahren unbesetzt.

20 000 Seiten Akten und Vermerke wollen geprüft sein

Seit dieser Woche beugt sich nun ein Untersuchungsausschuss des NRW-Landtags über Limbachs Personalauswahl. Das Justizministerium lieferte den Abgeordneten knapp 20 000 Seiten Akten und Vermerke – und darin fand sich eine fünfseitige Bewertung der damals drei Anwärter für den Richterposten. Die Auswertung aus Limbachs Personalabteilung, die der SZ vorliegt, sieht eindeutig nicht die später siegreiche Bewerberin J. vorn, sondern den Abteilungsleiter C. aus Limbachs Haus. Und ob Frau J. den anderen Aspiranten, den Bundesrichter G., aussteche, sei zumindest fraglich.

Zum Zeitpunkt der Erstbewertung im Herbst 2022 lag dem Justizministerium noch keine Beurteilung der später auserwählten Kandidatin J. durch ihren bisherigen Arbeitgeber (das NRW-Innenministerium) vor. Allerdings unterstellte die Referatsleiterin in ihrer Analyse, dass J. jeweils nur Bestnoten erhalten würde. So kam es dann auch.

Diese Bewertung ging im Justizministerium am 15. November 2022 ein. Bereits vier Tage zuvor jedoch soll Minister Limbach dem später unterlegenen Kandidaten G. in einem Gespräch unter vier Augen bedeutet haben, er möge seine Bewerbung für das OVG-Amt überdenken: Limbach, so behauptete der Bundesrichter G. in einer eidesstattlichen Versicherung, habe schon damals von „einem Vorsprung“ der Aspirantin J. gesprochen. Limbach bestreitet diese Bemerkung, wiederum per eidesstattlicher Versicherung.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusBeuys’ Düsseldorfer Wohnung
:Im rosa Bad des Schamanen

Eine Stiftung hat die ehemalige Wohnung von Joseph Beuys in Düsseldorf gekauft und eröffnet eine Ausstellung. Eine Pilgerstätte soll das Haus aber nicht werden – ist das schade?

Von Max Florian Kühlem

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: