Nordkorea:Zündeln in der Sackgasse

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Südkoreanischer Protest gegen den angeblichen Test einer Wasserstoffbombe durch Nordkorea: Ein Student mit Kim-Jong Un-Maske. (Foto: Ahn Young-joon/AP)

Pjöngjang provoziert immer wieder Streit zwischen den USA und China. Das dient dem Machterhalt.

Von Christoph Neidhart, Tokio

Solange Washington und Peking sich streiten, ist die Zukunft des nordkoreanischen Regimes gesichert. Diesen Leitsatz legte schon Kim Il Sung fest, der Großvater von Kim Jong Un. Wobei der alte Kim bis zum Kollaps der Sowjetunion sogar drei Großmächte gegeneinander ausspielen musste. Und dazu Japan und Südkorea.

Mit dem Test einer angeblichen Wasserstoffbombe vorige Woche ist es Nordkorea nun gelungen, einen neuen Keil in die diffizilen Beziehungen zwischen China und den USA zu treiben. US-Außenminister John Kerry warf Peking vor, sein Ansinnen, Pjöngjang auf die sanfte Tour unter Druck zu setzen, sei gescheitert. Peking sei mitverantwortlich für Kims Bombe. China reagierte doppelt verärgert: Erstmals hatte Peking keine Vorwarnung aus Pjöngjang erhalten. Zudem macht China das militärischen Muskelspiel der USA mit Südkorea mitverantwortlich für die Aufrüstung in Nordkorea.

Am Mittwoch schlug Südkoreas Präsidentin Park Geun Hye, die den Spagat zwischen der Allianz mit den USA und einer engen wirtschaftlichen Verflechtung mit China bisher gut schafft, gegenüber dem Norden harte Töne an, versuchte aber, die Wogen zwischen Peking und Washington zu glätten. Sie rief - im Sinne Washingtons - nach einer "strengen Bestrafung" Nordkoreas, wollte dies aber "Hand in Hand" mit Peking tun. Gleichwohl hat Chinas Präsident Xi Jinping, der einen guten persönlichen Draht zu ihr hat, Parks Anruf nach dem Atomtest bis jetzt nicht beantwortet.

Derweil sticheln Nord- und Südkorea entlang der gemeinsamen Grenze. Nach dem Süden hat auch der Norden seine Propagandalautsprecher wieder angedreht und beschimpft Park und ihre Regierung als "Meute verrückter Hunde". Am Mittwoch drang eine nordkoreanische Drohne in Südkoreas Luftraum ein. Als Soldaten das Feuer eröffneten, drehte sie ab.

Von einer einheitlichen Front gegen Pjöngjang kann keine Rede sein

Park steht zwischen Washington und Peking. Niemand will ein Nordkorea mit Atomwaffen, aber von der einheitlichen Front gegen Pjöngjang, die oft beschworen wird, kann keine Rede sein.

Ideologie spielte in Nordkoreas Außenpolitik, anders als seine Propaganda behauptet, nie eine Rolle. Großvater Kim Il Sung, offiziell ein treuer Verbündeter der Sowjets, suchte schon 1977 heimlich das Gespräch mit US-Präsident Jimmy Carter. Als Pjöngjang 1990 merkte, dass Moskau Beziehungen mit Südkorea aufzunehmen plante, fuhr Kim Il Sung die hämische antiamerikanische Propaganda zurück und startete eine Charme-Offensive gegenüber Washington und Tokio. Zugleich trieb er sein Atomprogramm an. Es sollte seine Macht-Clique auch gegen den Kollaps absichern, den die andern sogenannten sozialistischen Regime nach 1991 erlitten. Drei Jahre später verzichtete er im Genfer Rahmenabkommen sogar ein erstes Mal auf Atomwaffen. Knapp zehn Jahre später, das Genfer Abkommen war inzwischen Makulatur, wiederholte Kim Jong Il die Strategie seines Vaters. Um Nordkoreas Abhängigkeit von China zu verringern, hatte er eine gewisse Nähe zu Tokio und später Seoul gesucht. Gleichzeitig versuchte er, sich mit Atomwaffen abzusichern. Bis er 2007 seinerseits einwilligte, die Atomwaffen (in Zukunft einmal) aufzugeben.

Das Regime in Pjöngjang steckt in einer Sackgasse, aus der es kein Entrinnen gibt. Als unabhängiges Land hat Nordkorea keine Zukunft. Deshalb versucht der junge Kim wie zuvor sein Vater, sich in dieser Sackgasse möglichst permanent einzurichten. Dazu braucht er dichte Grenzen. Und die Sicherheit, von außen nicht unterwandert und nicht angegriffen zu werden. Mit brutaler Repression und einer etwas verbesserten Wirtschaft könnte er so noch lange weitermachen.

Solange Nordkoreas Nachbarn, von denen keiner dem andern den Zugriff auf das verarmte Land zugestehen will, uneins sind, bleibt dieses Patt erhalten. Pjöngjang zündelt deshalb auch, um immer wieder Differenzen zwischen seinen Nachbarn zu provozieren, vor allem aber zwischen China und den USA.

© SZ vom 14.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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