Trotz der kurzfristigen Absage seines Besuchs in Nordkorea will US-Außenminister Mike Pompeo den Dialog mit dem kommunistischen Land weiter vorantreiben. Das versicherte er Kang Kyung-hwa, seiner südkoreanischen Amtskollegin, in einem Telefonat am Samstag. Wenige Stunden zuvor hatte US-Präsident Donald Trump verkündet, er habe seinen Außenminister gebeten, nicht nach Pjöngjang zu fliegen. Die Beamten des US-Außenamtes waren noch dabei, die Verbündeten über die Reise zu informieren, als Pompeo von Trumps Absage überrumpelt wurde. Der Außenminister wollte in Pjöngjang auch Stephen Biegun vorstellen, den neuen Nordkorea-Beauftragten der USA.
In Washington kursieren Berichte, Nordkorea habe die Demontage seiner Raketenanlagen gestoppt und produziere weiterhin Nuklearbrennstoff. Trump begründete seine Absage freilich nicht damit. Vielmehr warf er China vor, es helfe nicht mehr mit, Nordkorea zu denuklearisieren. Wenig später sandte Trump per Twitter sogar "wärmste Grüße" und "Respekt" an Nordkoreas Diktator Kim Jong-un. Er freue sich, ihn "bald wiederzusehen", so Trump, Pompeo werde nach Pjöngjang reisen, sobald der Handelsstreit mit China gelöst sei. Auf CNN wunderte sich der frühere CIA-Direktor Michael Hayden, ob Trump nie bedacht habe, dass seine Handelspolitik gegenüber China die Position der Volksrepublik zu Nordkorea beeinflussen könnte.
Kim hingegen hat keine Zeit zu verlieren: Er dringt auf einen baldigen dritten Gipfel mit Südkoreas Präsident Moon Jae-in. Und auch auf ein Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Für die Wirtschaftsreformen, zu denen er entschlossen zu sein scheint, braucht er bessere Beziehungen zu Südkorea, China, den USA - und vor allem ein Ende der Sanktionen. Er wird seine Macht künftig nur mit einer rapiden Verbesserung des Lebensstandards legitimieren können. Deshalb übt sich Kim in Wohlverhalten. Am 9. September wird Nordkorea den 70. Jahrestag seiner Gründung feiern. Die Militärparade werde aber ohne Startrampen für Mittel- und Langstreckenraketen ablaufen, schließt Joseph Bermudez, ein Experte für Nordkoreas Militär, aus Satellitenfotos.
Im Juli noch hatte die Parteizeitung Rodong Sinmun die USA scharf attackiert, das Festhalten Washingtons an den Sanktionen sei "keine Basis für freundlichere Beziehungen". Mittlerweile sendet Pjöngjang aber freundlichere Botschaften: Der frühere CIA-Mann Robert Carlin, der Nordkoreas Medien analysiert, berichtet von einem Artikel der Parteizeitung, der Trump und Pompeo in Schutz nimmt. In dem für die englischsprachige Website von Rodong Sinmun nicht übersetzten Leitartikel sendet Kim Trump seinerseits "wärmste Grüße". Dass die Beziehungen zwischen beiden Ländern nicht besser werden, liege an einer "Fraktion", die Trump sabotiere - gemeint ist Sicherheitsberater John Bolton. "Der Kongress greift nach den Füßen des Präsidenten, die Justiz packt ihn am Kragen und die Medien prügeln auf ihn ein", heißt es. Bisher hätten Konflikte innerhalb der US-Regierungen oft mehr Schaden angerichtet als Meinungsverschiedenheiten zwischen Pjöngjang und Washington. "Präsident Trump hat den Traum, die Beziehungen zwischen Nordkorea und den USA zu verbessern und Frieden auf der Welt zu schaffen", so Rodong Sinmun. "Aber er hat zu viele Feinde."