Süddeutsche Zeitung

Nordkorea verzichtet auf Urananreicherung:Ein Versprechen macht noch keinen Frieden

Nordkorea will die Urananreicherung einstellen, doch das Versprechen ist mit Vorsicht zu genießen. Man kann davon ausgehen, dass sich Pjöngjang sein Atomwaffenprogramm nicht einfach für Lebensmittellieferungen abkaufen lässt - bisher brach der Dialog mit dem Westen immer wieder zusammen.

Hubert Wetzel

Zunächst einmal ist es nur ein Versprechen, und nordkoreanische Versprechen sind immer mit Vorsicht zu genießen. Aber immerhin: Pjöngjang wolle, so teilte die US-Regierung mit, die Anreicherung von Uran einstellen, künftig auf Atomtests sowie den Abschuss von Langstreckenraketen verzichten und wieder UN-Nuklearinspektoren ins Land lassen. Im Gegenzug kündigte Washington an, die Verhandlungen über die Lieferung von 240.000 Tonnen an Lebensmitteln nun zügig abzuschließen.

Dass das eigene Volk Hunger leidet, hat Nordkoreas Diktatoren bisher nie gestört. Man kann also davon ausgehen, dass sich Pjöngjang sein Atomwaffenprogramm - das Einzige, was dem stalinistischen Regime internationale Aufmerksamkeit garantiert - nicht für ein paar Schiffsladungen Reis und Weizen abkaufen lässt.

Das plötzliche Einlenken Nordkoreas legt daher eine andere Interpretation nahe: Nach dem Tod von Diktator Kim Jong Il und der weitgehend reibungslosen Inthronisierung seines Sohnes Kim Jong Un hält das Regime seine Macht für so weit gesichert, dass es sich diplomatische Großzügigkeiten leisten kann. Im Hintergrund dürfte zudem China, Nordkoreas mächtigster (und einzig nennenswerter) Verbündeter, kräftig darauf gedrängt haben, dass der Neue in Pjöngjang einen neuen Anlauf zur Lösung des seit Jahren schwelenden Atomstreits wagt. Auch Peking geht die Bockbeinigkeit des Nachbarn längst auf die Nerven.

Also alles gut? Wohl nicht ganz. Stillgelegte Atomanlagen in Nordkorea, Hilfslieferungen aus dem Westen - all das gab es schon früher. Am Ende brach der Dialog dann immer wieder zusammen, Pjöngjang rüstete weiter. Ein Versprechen macht noch keinen Frieden.

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Quelle:
SZ vom 01.03.2012/fran
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