Nordkorea-Konflikt:Moon Jae-in will reden

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Er gibt die Hoffnung auf Frieden nicht auf: Südkoreas Präsident Moon Jae-in. (Foto: Joint Press Photo /AFP)

Südkoreas scheidender Präsident schlägt noch einmal Gespräche mit Nordkorea "ohne Vorbedingungen" vor. Aber die jüngsten Raketentests des Regimes in Pjöngjang machen die Mission schwierig.

Von Thomas Hahn, Tokio

Moon Jae-in hat nur noch drei Monate im Amt des südkoreanischen Präsidenten. Am 9. März wird sein Nachfolger gewählt, im Mai muss er raus aus dem Blauen Haus in Seoul. Und schon jetzt kann man sich fragen, was man vermissen wird, wenn Moon nicht mehr Staatschef ist.

Antwort? Schwierig. Aber man kann sagen, dass Moon kein populistischer Präsident war. Und besonders wird sein ausgleichender Ton wohl im Nordkorea-Konflikt fehlen. Moons unerschütterliches Vertrauen in Dialog und Frieden war in den fünf Jahren seines Wirkens ein angenehmer Kontrast zur kühlen Rhetorik, die man sonst oft hörte in der Debatte um das andere, isolierte, autoritär regierte Korea.

In einer Art Abschiedsinterview mit acht internationalen Nachrichtenagenturen hat Moon Jae-in, 69, jetzt wieder gezeigt, dass er der unbeirrbare Vertreter eines sanften Weges in der Nordkorea-Frage ist. Er wirkte dabei besorgt. Aber nicht abgeschreckt nach den sieben Waffentests, mit denen Nordkorea ins neue Jahr gestartet ist. Moon sagte, er sei für einen innerkoreanischen Gipfel "ohne Vorbedingungen". Er sieht sogar ein Happy End im Verhältnis Pjöngjang/Washington, bei dem US-Präsident Joe Biden und Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un an einem Tisch sitzen. "Dialog ist der einzige Weg, Probleme zu lösen", sagt Moon. Biden und Kim würden sich deshalb "letztlich treffen und das Atomwaffenprogramm des Nordens diskutieren. Es ist nur eine Frage der Zeit".

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Wunschdenken oder Realität? Wahr ist jedenfalls, dass Moon Jae-ins Sonnenscheinpolitik zuletzt nicht im Trend lag. Nordkoreas Waffentestserie im Januar konnte keiner kleinspielen. In Südkorea und Japan fühlten sich Konservative bestätigt, die Präventivschläge gegen Nordkorea sinnvoll finden. Aber Moon bleibt dabei: Feindseligkeit bringt nichts beim Streben nach einem atomwaffenfreien Korea. Diese Haltung ist sein Vermächtnis.

Die Präsidentschaftskandidaten polarisieren

Es sind insgesamt keine ausgeglichenen Zeiten in Südkorea. Der Präsidentschaftswahlkampf läuft mit zwei polarisierenden Hauptkandidaten. An Lee Jae-myung von der regierenden Demokratischen Partei und Yoon Suk-yeol von der konservativen PPP scheiden sich die Geister. Der Ex-Generalstaatsanwalt Yoon hat zuletzt sogar angekündigt, bei einem Wahlsieg Ermittlungen gegen die Moon-Administration einzuleiten. Das machte selbst den friedliebenden Moon derart wütend, dass er eine Entschuldigung verlangte.

Das ehemals gepriesene Coronavirus-Tracking-System ist unter der Macht der Omikron-Mutante zusammengebrochen; am Donnerstag meldeten die Behörden mehr als 50 000 Neuinfektionen. Und selbst die Olympischen Winterspiele in Peking bringen Ärger. Schiedsrichter-Entscheidungen gegen südkoreanische Shorttrack-Sportler haben die China-Kritik im Land hochkochen lassen, weil chinesische Athleten vom Südkorea-Aus profitierten. Chinas Botschaft in Seoul teilte mit, sie sei "ernsthaft besorgt" deswegen. Südkoreas Außenministerium mahnte prompt zur "Umsicht" bei Ansprachen an Südkoreas Bevölkerung.

Die Quellen des Konflikts wirken unübersichtlicher denn je. Da ist es eine schöne Abwechslung, wenn der Regierungschef beim emotionalsten Thema der Nation seiner Linie treu bleibt.

Moon Jae-in hat dabei durchaus im Blick, dass die Stimmung schlecht ist. Nordkoreas Regime testete zuletzt unter anderen eine Mittelstreckenrakete mit so großer Reichweite, dass Experten befürchten, es könnte sein Moratorium für Langstreckenraketen-Tests aufgeben. Wenn das passiere, sagt Moon, "könnte die Koreanische Halbinsel augenblicklich in den Krisenzustand zurückfallen, den wir vor fünf Jahren hatten". Damals tauschten Kim und US-Präsident Donald Trump bedrohliche Botschaften aus.

Nordkorea soll mit seinem Raketen-Programm immer weiter vorankommen. (Foto: Ahn Young-Joon/dpa)

2018 saß Moon Jae-in mit Kim am Verhandlungstisch. Er trug auch dazu bei, dass sich Kim und Trump trafen. Aber der Tausch UN-Sanktionen gegen Atomwaffen klappte nicht. Das Zwischenhoch hielt nicht lange. Trotzdem: Moon Jae-in will den nächsten Korea-Korea-Gipfel. "Solange der Wille zum Dialog da ist, ist es egal, ob der Gipfel von Angesicht zu Angesicht oder virtuell stattfindet", sagt er. Man richte sich ganz nach Nordkorea.

Es sieht gerade nicht so aus, als wolle Kim Jong-un reden. Und natürlich weiß Moon, dass seine Zeit nicht mehr reicht. Schon gar nicht für das Ziel, endlich auch offiziell den Koreakrieg zu beenden, der zwischen 1950 und 1953 tobte. Im Interview berichtet Moon, dass Südkorea und die USA sich auf den Text einer Kriegsende-Erklärung geeinigt hätten. "Sogar China unterstützt die Erklärung." Aber die Nordkoreaner haben nicht mitverhandelt, und es wird viel guten Willen brauchen, bis sie das tun. Moon Jae-in muss hoffen, dass sein Nachfolger ähnlich tickt wie er.

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