Nordkorea:Pjöngjanger Kraftausdruck

Nordkorea: Dieses Foto des nach nordkoreanischen Angaben erfolgreichen Raketentests, aufgenommen am Morgen des 2. Oktober, veröffentlichte die staatliche Nachrichtenagentur am Donnerstag.

Dieses Foto des nach nordkoreanischen Angaben erfolgreichen Raketentests, aufgenommen am Morgen des 2. Oktober, veröffentlichte die staatliche Nachrichtenagentur am Donnerstag.

(Foto: AFP)

Das Regime von Machthaber Kim testet eine ballistische U-Boot-Rakete - unmittelbar vor der neuen Verhandlungsrunde im Atomkonflikt mit den USA. In Stockholm soll es um den Abbau von Sanktionen gehen.

Von Thomas Hahn, Tokio

Am Donnerstag meldete Nordkoreas staatliche Nachrichtenagentur den erfolgreichen Test einer neuen ballistischen U-Boot-Rakete (SLBM) vor der Ostküste des Landes. Der gelungene Abschuss der Pukguksong-3 sei eine "bedeutende Errungenschaft" und markiere "eine neue Phase, die Bedrohung Nordkoreas durch äußere Kräfte zurückzuhalten und seinen militärischen Muskel zur Selbstverteidigung zu stärken". Die Nachricht bestätigte Berichte vom Vortag, als Südkorea und Japan feststellten, Nordkorea habe wohl eine Rakete unter Wasser abgefeuert.

Es ist Nordkoreas erster Test einer solchen schwer abzuwehrenden Waffe seit 2016 und insgesamt der elfte Raketenabschuss in diesem Jahr. Er wirkte besonders provokativ und sorgte vor allem in Japan für Unruhe. Japans Verteidigungsminister Taro Kono sagte, Pjöngjangs Rakete habe sich in zwei Teile gespalten, einer davon sei über japanischem Meeresgebiet vor der Präfektur Shimane niedergegangen.

Kim Jong-un und Donald Trump trafen sich zuletzt Ende Februar, brachen ihre Gespräche aber ab

Experten deuten den Test als Kraftprobe vor den neuen Arbeitsgesprächen des kommunistischen Regimes mit Vertretern der USA, die am Samstag in Stockholm beginnen sollen. Nach einer Phase ohne direkten Kontakt wollen beide Seiten erneut über die Möglichkeit sprechen, die Sanktionen gegen Nordkorea zu lockern, wenn das Land dafür sein Atomwaffenprogramm beendet. Nordkorea scheint mit seinem Test Druck machen zu wollen, damit die Gespräche nicht wieder scheitern. Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un und US-Präsident Donald Trump hatten sich zuletzt Ende Februar in Hanoi getroffen, aber ihre Gespräche ohne Ergebnis abgebrochen. Der Korea-Spezialist Harry Kazianis vom Zentrum für Nationale Interessen in Washington sagte der Agentur Reuters: "Pjöngjang scheint Washington dazu drängen zu wollen, Abstand zu nehmen von früheren Forderungen nach einer vollen Denuklearisierung bei Gegenleistungen, die nur eine Lockerung der Sanktionen versprechen."

Noch am Tag des Raketentests legte Japan durch seine Botschaft in Peking Protest ein. Premierminister Shinzo Abe sagte: "Eine ballistische Rakete abzufeuern, ist gegen die Resolution des UN-Sicherheitsrats." Japanische Fischer fühlten sich bedroht. "Unsere Schiffe waren an der Stelle letzte Nacht bei der Arbeit. Es ist untragbar, dass unsere wichtigsten Gebiete als Raketentestfeld genutzt werden", zitierte die Japan Times Genji Funamoto, den Vorsitzenden der Fischer-Kooperative in Tottori. Tatsuya Maruyam, Gouverneur von Shimane, sagte: "Die Regierung sollte gegenüber Nordkorea resolut auftreten in Zusammenarbeit mit ihren Partnern."

Südkoreas Militär teilte mit, das nordkoreanische Geschoss sei 450 Kilometer weit geflogen und habe eine Höhe von 910 Kilometern erreicht. Verteidigungsminister Jeong Kyeong-doo sagte vor der Nationalversammlung, Seoul habe von Tokio verlangt, seine Erkenntnisse zu dem Raketentest zu teilen, so wie es das Geheimdienstabkommen GSOMIA zwischen den beiden Ländern vorsehe; dieses Abkommen läuft noch bis zum 24. November, nachdem Südkorea es wegen des Streits um Geschichtsaufarbeitung und Exportkontrollen nicht verlängern will. Japan forderte Südkorea auf, den Vertrag weiterlaufen zu lassen.

Washington mahnte in Richtung Pjöngjang, sich statt auf Provokationen lieber auf die Verhandlungen zu konzentrieren. Aber die US-Unterhändler strahlten vor den Gesprächen Zuversicht aus. Die Korea Times berichtete, die Amerikaner hätten vor, zunächst die Erleichterung von weicheren Sanktionen anzubieten, um dann die Diskussionen darüber zu vertiefen. Wenn Nordkorea nachweislich seine Atomanlage in Yongbyon schließe und aufhöre, Uran anzureichern, könnten zum Beispiel UN-Sanktionen auf Textil- und Kohle-Exporte fallen oder der Tourismus zum Berg Geumgang neu belebt werden.

Aus Nordkorea war zu hören, dass Chef-Atomunterhändler Kim Myong-gil und seine Begleiter am Donnerstag von Peking aus nach Stockholm aufgebrochen seien.

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