Süddeutsche Zeitung

Nordkorea nach Tod von Kim Jong Il:Kim Jong Uns Clan festigt Machtposition

Der "Große Nachfolger" sammelt weiter Ämter und Ehrentitel: Nach dem Tod seines Vaters wird Kim Jong Un in Nordkorea als "Oberbefehlshaber" und Generalsekretär der regierenden Arbeiterpartei geführt. Sein Onkel, ein einflussreicher Strippenzieher, präsentiert sich als General. Unterdessen sind zwei südkoreanische Delegationen in dem isolierten Land eingetroffen - und wurden von Kim Jong Un empfangen.

Das Regime im kommunistischen Nordkorea baut die Stellung des Sohnes des verstorbenen Machthabers Kim Jong Il weiter aus. Die Staatspresse bezeichnet den auserwählten Nachfolger nun auch als Leiter eines der obersten Entscheidungsgremien der herrschenden Arbeiterpartei. In einem Leitartikel des Parteiorgans Rodong Sinmun wurden die Leser aufgefordert: "Lasst uns unser Leben einsetzen, um das Zentralkomitee der Partei unter der Führung des angesehenen Genossen Kim Jong Un zu schützen." Die Zeitung hatte Kim bereits als "Oberbefehlshaber" der Streitkräfte gepriesen.

Der jüngste Aufruf deutet nach Meinung von Beobachtern darauf hin, dass der militärisch und politisch als unerfahren geltende Sohn irgendwann auch den Posten des Parteichefs von seinem Vater übernehmen soll. Der Vorsitzende des Zentralkomitees ist in der Regel auch Generalsekretär der Partei.

Der am 17. Dezember verstorbene Kim Jong Il hatte seinen noch nicht einmal 30 Jahre Sohn bei einem Parteitreffen im vergangenen Jahr zum Vizevorsitzenden der Militärkommission der Organisation ernannt. Zuvor hatte er ihm bereits den für die künftige Machtausübung wichtigen Titel eines Vier-Sterne-Generals verliehen. Der langjährige Diktator hatte seinen Sohn mit den Beförderungen praktisch öffentlich zu seinem Nachfolger gemacht.

Für Aufsehen sorgte unter Nordkorea-Experten, dass das Staatsfernsehen am vergangenen Sonntag den Onkel von Kim Jong Un an der Seite seines Neffen und mehrerer Militärs am Glassarg des aufgebahrten Ex-Diktators in Pjöngjang zeigte. Jang Song Thaek, der Ehemann von Kims jüngerer Schwester, trug eine Militäruniform mit dem für die Machtausübung in Nordkorea wichtigen Rangabzeichen eines Generals. Nordkorea habe den 65-jährigen Jang zum ersten Mal in Militäruniform im Fernsehen gezeigt, berichteten südkoreanische Medien.

Jang Song Thaek gilt schon seit längerem als graue Eminenz des Regimes und Mentor des noch nicht einmal 30-jährigen Kim Jong Un. Es war zunächst unklar, ob Jang offiziell den Titel eines Generals der Streitkräfte erhalten hat. Nordkorea will auch nach dem Tod von Kim Jong Il an der in der Verfassung festgeschriebenen "Militär-Zuerst"-Politik festhalten, die dem Militär eine herausragende Position in der Politik sowie der Gesellschaft einräumt.

Kim Jong Il hatte seinen Schwager Jang im vergangenen Jahr zu seinem Stellvertreter in der nationalen Verteidungskommission gemacht, dem höchsten militärischen Führungsgremium des Staates. Es gilt als sicher, dass sich Kim Jong Il seit seinem Schlaganfall vor drei Jahren mit Vertrauten - darunter seine Schwester Kim Kyong Hui und deren Mann - umgeben hatte, um den Machttransfer auf seinen Sohn vorzubereiten. Kim selbst hatte die Macht von seinem 1994 gestorbenen Vater und "ewigen Präsidenten" Kim Il Sung übernommen. Kim Jong Il war nach offizieller Darstellung an einem Herzinfarkt gestorben.

Das Regime in Pjöngjang zeigte sich unterdessen weiter verärgert über Südkoreas Reaktion auf den Tod des Militärmachthabers. Das staatliche Komitee für eine Friedliche Wiedervereinigung Koreas rief Seoul auf, die Zahl der Beileidsdelegationen nicht zu beschränken. Nordkorea warnte, dass niemals toleriert werde, wenn jemand Trauernde abhalte. Offiziell befindet sich Pjöngjang seit dem Koreakrieg (1950-1953) im Kriegszustand mit Seoul. Nach dem Tod Kims hatte der Süden seine Armee in Alarmbereitschaft versetzt.

Die Regierung in Seoul hatte mit zwei Ausnahme keine Kondolenzbesuche in Nordkorea erlaubt. Die beiden Delegationen sind am Montag nach Nordkorea eingereist, um dem verstorbenen langjährigen Machthaber Kim Jong Il die letzte Ehre zu erweisen. "Ich hoffe, dass unser Besuch helfen wird, die Beziehungen zwischen dem Süden und dem Norden zu verbessern", sagte die Witwe des ehemaligen südkoreanischen Präsidenten Kim Da Jung, Lee Hee Ho, laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Yonhap.

Die zweite Delegation wird von der Hyundai-Chefin Hyun Jung Eun angeführt, deren verstorbener Ehemann Verbindungen zu Nordkorea hatte. Das Vereinigungsministerium in Seoul teilte mit, die Südkoreaner hätten dem verstorbenen Kim Jong Il im Kumsusan-Palast die letzte Ehre erwiesen. Dort habe die Delegation den designiertehn Machthaber Kim Jong Un getroffen. Die Südkoreaner werden am Dienstag wieder abreisen; Das Staatsbegräbnis für Kim soll an diesem Mittwoch stattfinden.

China und Japan beraten über Lage in Nordkorea

Bei ihrem ersten Gipfeltreffen nach dem Tod des nordkoreanischen Diktators Kim Jong Il haben China und Japan die Lage auf der koreanischen Halbinsel erörtert. Japans Ministerpräsident Yoshihiko Noda traf in Peking mit Chinas Staats- und Parteichef Hu Jintao zusammen, berichtete die Nachrichtenagentur Xinhua.

Schon am Vortag beim Treffen Nodas mit Chinas Premier Wen Jiabao hatte die Lage in Nordkorea im Mittelpunkt gestanden. Beide Länder seien sich einig in der Einschätzung, dass eine atomwaffenfreie koreanische Halbinsel im Interesse sämtlicher Nachbarländer sei, sagte Noda der Nachrichtenagentur Kyodo zufolge in Peking. In seinen Gesprächen mit Chinas Führung wollte Noda auf neue Anstrengungen Chinas drängen, Nordkorea zur Wiederaufnahme der Sechs-Parteien-Gespräche über Pjöngjangs Atomprogramm zu überreden, verlautete aus Kreisen seiner Delegation. China ist der engste Verbündete Nordkoreas.

Bilateral vereinbarten beide Seiten auf dem Gipfel die Aufnahme von Gesprächen über eine Freihandelszone zwischen Japan, China und Südkorea. Auch einigten sie sich auf eine engere Kooperation ihrer Finanzmärkte. Es sei vereinbart worden, den "Gebrauch des Renminbi und des japanischen Yen in internationalen Handelstransaktionen zwischen beiden Ländern zu fördern", hieß es nach Nodas Treffen mit Wen Jiabao auf der Webseite der chinesischen Volksbank. Dies sei ein "substanzieller Schritt nach vorn für die Internationalisierung des Yuan", kommentierte die Tageszeitung China Daily. China will auch seine Käufe japanischer Staatsanleihen verstärken.

Um die in letzter Zeit häufigen Seekonflikte zwischen chinesischen Schiffen und der japanischen Küstenwache besser handhaben zu können, vereinbarten beide Seiten die Einrichtung eines gemeinsamen "Mechanismus für maritimes Krisenmanagement". Die Außenministerien, die Küstenwachen und weitere Behörden beider Länder sollen bei solchen Vorfällen künftig zügiger Informationen austauschen und Streitereien beilegen helfen.

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