Nordkorea:Hardliner weichen Diktator

Die Krankheit von Präsident Kim haben noch konservativere Kommunisten genutzt, um den Bürgern die letzten Freiheiten zu nehmen. Jetzt meldet sich der Diktator zurück.

Christoph Neidhart

Die kommunistische Führung in Nordkorea hat für den 8. März die Wahl des Parlaments angesetzt, die bereits im August vorgesehen war. Dies berichtete die staatliche Nachrichtenagentur KCNA am Mittwoch in einer kurzen Meldung.

Nordkorea: Offenbar genesen: Nordkoreas Präsident Kim Jong Il beim Rundgang durch ein Kraftwerk in Wonsan. Das undatierte Foto wurde von der staatlichem Agentur KCNA am Dienstag veröffentlicht.

Offenbar genesen: Nordkoreas Präsident Kim Jong Il beim Rundgang durch ein Kraftwerk in Wonsan. Das undatierte Foto wurde von der staatlichem Agentur KCNA am Dienstag veröffentlicht.

(Foto: Foto: Reuters)

Die fünfjährige Amtsdauer der 687 Abgeordneten, die 2003 gewählt wurden, war voriges Jahr abgelaufen. Pjöngjang hat nie begründet, warum es die Wahlen verschob. Beobachter in Südkorea machen Kim Jong-ils vermuteten Schlaganfall dafür verantwortlich.

Gemäß Verfassung ist die "Oberste Volksversammlung" das höchste politische Organ Nordkoreas, ein Parlament nach dem Vorbild des Obersten Sowjets in Moskau oder der Volkskammer der DDR.

Es billigt die Beschlüsse seines Präsidiums einstimmig, hat aber keine reale Macht. Parlamentspräsident Kim Yong-Nam ist formal Nordkoreas Staatsoberhaupt.

Die Wahlen sind daher eher eine Mobilisierungsmaßnahme. Sie erlauben es der Diktatur, sich als sogenannte Volksdemokratie darzustellen. Eine Übung in Demokratie sind sie allerdings nicht einmal in Ansätzen. Wahlberechtigt sind alle Nordkoreaner über 17 Jahre. Die Wahlbeteiligung betrug bei früheren Wahlen fast hundert Prozent, das wird auch diesmal so sein. Die Kandidaten werden von der kommunistischen Arbeiterpartei selektioniert, sie treten ohne Gegner an.

Für junge Frauen verboten

Die Ankündigung folgt auf ein angebliches Gerangel an der Spitze der Arbeiterpartei. Nach Angaben von Koreanern im chinesischen Shenyang soll Jang Sung-taek, der unpopuläre Schwager von Diktator Kim Jong-il, von dem es heißt, er habe während der Krankheit des Geliebten Führers die Staatsgeschäfte geführt, in den letzten Tagen parteiintern heftig kritisiert worden sein. Jang gilt als Hardliner. Im Herbst soll er die freien Märkte, die es in Nordkorea seit einigen Jahren gibt, erst massiv eingeschränkt und später beinahe abgewürgt haben. Anfänglich wurde allen Frauen unter 50 der Zugang zu den Märkten verwehrt.

Seit dem Jahreswechsel dürfen die Märkte nur noch an drei Tagen pro Monat abgehalten werden, wie es im mittelalterlichen Korea der Fall war. Parteikadern hat Jang das Kaufen und Verkaufen auf den Märkten komplett verboten. Seit das staatliche Versorgungssystem zusammengebrochen ist, sind die meisten Haushalte auf diese "Jangmadang" genannten Märkte angewiesen. Hier gibt es alles, südkoreanische Reiskocher, CD-Spieler aus China und Japan, Motorräder und importierte Kosmetika.

Der in Australien lehrende Russe Leonid Petrov bezeichnete die Verschiebung der Macht auf Hardliner wie Jang Sung-taek als Aufstieg der nordkoreanischen "Neocons". Mit ihnen kehre der "Militärkommunismus" nach Pjöngjang zurück, sagte Petrov der Asia Times. "In vielerlei Hinsicht spiegelt der Norden nur den Süden, wo eine neue konservative Regierung die Regeln der innerkoreanischen Zusammenarbeit geändert hat." Diese Einschätzung könnte allerdings durch die jüngste Entwicklung - was die Präsenz von Kim Jong-il anbelangt - überholt sein, zumal über eine Kabinettsumbildung spekuliert wird.

Jang Sung-taek war 2004 aus einem Spitzenamt der Partei gedrängt worden, nachdem er die zaghafte Liberalisierung der Landwirtschaft blockiert hatte. Anderthalb Jahre später nahm ihn der innere Kreis der Macht wieder auf. Woraufhin er geplante Ansätze zu etwas mehr Markt stoppte, wie Park Hyung Joong vom Forschungsinstitut des südkoreanischen Vereinigungsministeriums schrieb.

Unübliche Neujahrsbotschaft

Parks Analyse zeigt, dass in der nordkoreanischen Monopolpartei verschiedene Flügel um die Ausrichtung der Politik ringen, insbesondere gegenüber der Versorgung der Bevölkerung. In der Zeit von Kim Jong-ils Abwesenheit schienen die Hardliner die Oberhand gewonnen zu haben.

Inzwischen mehren sich aber Berichte über Kim Jong-ils Inspektions-Besuche von Militäreinheiten und Fabriken. Auch fehlten in der Neujahrsbotschaft die üblichen Attacken gegen Washington. Pjöngjang scheint auf den Demokraten Barack Obama zu warten.

Zu den ersten Aufgaben der neu gewählten "Obersten Volksversammlung" wird es gehören, Kim Jong-il als Chef der "Nationalen Verteidigungskommission" zu bestätigen. Das wäre, solange Kim Jong-il von seinem Schlaganfall im August und dem möglichen Rückfall im Oktober behindert war, nicht möglich gewesen. Schon deshalb musste die Wahl verschoben werden. Dass sie nun angesetzt wird, zeigt, dass Kim wieder fit ist.

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