Nordirland nach dem Sex-Skandal:Die Robinson-Falle

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Die private Krise der Familie Robinson könnte die politische Zukunft Nordirlands ins Wanken bringen - ohne eine Rückkehr des Regierungschefs droht der Provinz eine neue Krise.

Wolfgang Jaschensky

Der junge Liebhaber wird zum Star auf Facebook und die Boulevardblätter in Großbritannien freuen sich über den Skandal. Details über die Beziehung von Iris Robinson zu ihrem "toyboy lover" im Ehebett des Politikerpaares - ein Himmelbett! - breiten The Sun und Co. genüsslich aus.

Peter Robinson verlässt das Parlament in Belfast, nachdem er erklärt hat, sein Amt als Regierungschef für sechs Wochen niederzulegen. (Foto: Foto: AP)

Doch spätestens seit Nordirlands Regierungschef Peter Robinson wegen der Sex- und Finanzaffäre seiner Frau sein Amt für sechs Wochen niedergelegt hat, bedroht die private Krise der Familie Robinson auch die mühsam eingefädelte politische Einigung in Nordirland.

Robinson führt seit eineinhalb Jahren die Regionalregierung mit einer Koalition der einst verfeindeten Parteien. Robinsons protestantische Democratic Unionist Party (DUP) und die katholische Sinn-Fein-Partei von Vize-Ministerpräsident Martin McGuinness ringen um die Umsetzung des Karfreitagsabkommens, das den Übergang der Provinz in die Autonomie regeln fsoll.

Der Prozess befand sich auf einem guten Weg. Der vorläufige Schlusspunkt sollte die Übertragung der Hoheitsrechte für die Justizverwaltung und die Polizei von London nach Belfast sein. "Es gab noch Probleme in Detailfragen, aber ich bin mir sicher, dass auch die DUP einer Einigung nicht mehr lange hätte im Wege stehen können", sagt Dominic Bryan, Direktor des Institute of Irish Studies und Professor für Sozialanthropologie an der Queen's University Belfast, zu sueddeutsche.de.

Doch der Skandal könnte diesen Prozess auf der Zielgeraden noch stoppen. Wäre Robinson zurückgetreten, stünden Neuwahlen im Belfaster Stormont an. Wegen des Skandals würde die ohnehin in Umfragen schwächelnde DUP aller Wahrscheinlichkeit nach Stimmen an die protestantische Konkurrenz verlieren - und Sinn Fein könnte stärkste Partei im Parlament der Krisenprovinz werden und den Regierungschef stellen.

Beobachter halten es für kaum vorstellbar, dass die Unionisten sich in eine Regierung unter Führung der Katholiken von Sinn Fein einfügen würden. "So kurz vor dem Ziel ist es auch im Interesse von Sinn Fein, dass die Regierung hält", ist sich Bryan sicher, zumal beide Parteien von Hardlinern aus den eigenen Reihen unter Druck gesetzt werden.

Die erfolgreiche Umsetzung des Karfreitagsabkommens hängt deshalb erheblich davon ab, ob Peter Robinson auf seinen Posten als Regierungschef zurückkehren kann. Nordirland steckt in der Robinson-Falle.

Die amtierende Ministerpräsidentin Arlene Foster widersprach deshalb auch gleich an ihrem ersten Tag im Amt Spekulationen, Robinson könnte endgültig abtreten: "Peter hat die Bühne nicht verlassen, er ist immer noch ganz klar unser Parteichef und er ist immer noch Ministerpräsident."

Die Macht des Boulevards

Das politische Überleben des 61-Jährigen wiederum hängt davon ab, ob er glaubhaft zeigen kann, dass er sich bei dem Finanzskandal, der die Sex-Affäre seiner Frau begleitet, korrekt verhalten hat.

"Momentan haben viele Menschen Sympathie für Robinson. Er erhält Mitleid als gehörnter Ehemann und wird als Opfer der Umstände gesehen", sagt Bryan. "Wenn die Untersuchungen ihm kein eindeutiges Fehlverhalten nachweisen können, hat er gute Chancen, zurückzukehren."

Das Schicksal von Robinson hängt stark an der öffentlichen Meinung - und damit nicht nur an den Untersuchungen, sondern auch an den Enthüllungen der Boulevard-Medien. Die britische Zeitung The Mirror wartete bereits am Tag eins nach Robinsons Rückzug mit Spekulationen auf, Iris Robinson habe neben ihrem "toyboy" noch drei weitere Liebhaber gehabt.

Um die Macht des Boulevards in Großbritannien weiß auch der Sozialanthropologe Bryan: "In den vergangenen Jahren gab es immer wieder böse Gerüchte über die Ehe der Familie Robinson. Wenn die dafür sorgen, dass Peter Robinson Sympathien verliert, könnte es schwer für ihn werden."

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