Nordirland:Warum die DUP mit Sunaks Brexit-Deal hadert

Nordirland: Der britische Premierminister Rishi Sunak reiste am Dienstag nach Nordirland.

Der britische Premierminister Rishi Sunak reiste am Dienstag nach Nordirland.

(Foto: Liam Mcburney/dpa)

Die Unionisten wollen, dass Nordirland wieder genauso behandelt wird wie der Rest des Vereinigten Königreichs. Doch so einfach ist das nicht.

Von Alexander Mühlauer, London

Als Rishi Sunak seinen Brexit-Deal in Windsor vorstellte, erinnerte er zunächst an eine abscheuliche Tat in der nordirischen Stadt Omagh. Maskierte hatten dort vergangene Woche auf einen Polizisten geschossen, er wurde schwer verletzt. Mittlerweile hat sich die New IRA zu der Tat bekannt. Die New IRA ist ein Zusammenschluss von Splittergruppen der paramilitärischen Irisch-Republikanischen Armee (IRA), die jahrzehntelang für eine Vereinigung Nordirlands mit der Republik Irland kämpfte. Der Konflikt zwischen republikanischen Katholiken, die sich für ein vereinigtes Irland einsetzen, und unionistischen Protestanten, die wollen, dass Nordirland Teil des Vereinigten Königreichs bleibt, ist seit dem Karfreitagsabkommen von 1998 weitgehend befriedet. Einige Militante sind jedoch bis heute aktiv. Und so werden immer wieder Erinnerungen wach, auch jetzt wieder, nach der Schießerei in Omagh.

Sunak war es offenbar wichtig, dem Polizisten und dessen Familie sein Mitgefühl auszudrücken. Der britische Premier zeigte damit, dass er sich dessen sehr wohl bewusst ist, was die Menschen in Nordirland umtreibt. Die genauen Hintergründe der Tat sind zwar noch unklar, aber bislang gibt es keine Hinweise, dass sie in einem Zusammenhang mit dem Brexit steht. Ob dem so ist, wird in Nordirland stets geprüft, denn seit dem EU-Austritt machen gerade paramilitärische Gruppen auf unionistischer Seite keinen Hehl daraus, dass sie den Brexit-Deal des früheren Premiers Boris Johnson für einen Anschlag auf die Demokratie halten. Schließlich habe Johnson dafür gesorgt, dass Nordirland nicht mehr gleichberechtigter Teil des Vereinigten Königreichs sei.

Für die DUP ist das Nordirland-Protokoll ein absolutes No-Go

So ähnlich sieht das auch die Democratic Unionist Party (DUP). Ihre Mitglieder halten Johnsons Abkommen für eine Katastrophe, genauer gesagt: das Nordirland-Protokoll. Darin ist festgehalten, dass die britische Provinz nach dem Brexit de facto im EU-Binnenmarkt bleibt - und damit weiter an EU-Recht gebunden ist. Für die DUP ist das Nordirland-Protokoll ein absolutes No-Go. Und der Grund dafür, warum sich die Partei seit der nordirischen Regionalwahl im Mai einer Regierungsbildung verweigert. Die Frage ist also: Schafft es Sunak mit seinem Deal, dass es wieder eine Regierung in Belfast gibt?

Der Premier war am Dienstag nach Nordirland gereist, um die DUP davon zu überzeugen, dass mit dem "Windsor Framework" nun all ihre Bedenken ausgeräumt seien. "Ich bin zuversichtlich", sagte Sunak. Und auf die Frage, ob er seinen Deal auch ohne Zustimmung der DUP umsetzen werde, sagte der Premier: "Es geht nicht um mich oder eine politische Partei. Es geht darum, was das Beste für Nordirland ist."

Das nordirische Parlament kann eine Notbremse gegen EU-Regularien ziehen

DUP-Chef Jeffrey Donaldson sagte am Dienstag, dass seine Partei zunächst die Details des Deals prüfen müsse. "Wir werden uns Zeit lassen", sagte er. Es seien zwar Fortschritte gemacht worden, aber es gebe noch einige Fragen. Das wohl größte Bedenken der DUP ist die Tatsache, dass Nordirland auch mit Sunaks Deal weiter im EU-Binnenmarkt wäre. Das bedeutet, dass Belfast auch künftig alle Brüsseler Regularien übernehmen muss. In Sunaks Deal gibt es nun allerdings die sogenannte "Stormont Brake", benannt nach dem Stormont Estate, wo das nordirische Parlament seinen Sitz hat. Laut Sunaks Deal dürfen die Abgeordneten bei "außergewöhnlichen Umständen" die Notbremse ziehen und sich gegen die Übernahme einer neuen Binnenmarkt-Regel aussprechen.

Die Voraussetzung dafür ist, dass 30 der 90 Abgeordneten von mindestens zwei Parteien dagegen stimmen. Ist die Bremse erst einmal gezogen, wird die entsprechende neue Regel zunächst nicht in Nordirland angewendet. Stimmt die britische Regierung dem Veto aus Belfast zu, beginnt ein Streitschlichtungsprozess zwischen London und Brüssel. Die Bremse ändert aber nichts daran, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) das letzte Wort hat, wenn es um die Auslegung von EU-Recht geht.

Donaldson begrüßte diese Bremse, es gelte aber, die Details zu prüfen. So diplomatisch wie Donaldson äußerten sich längst nicht alle in seiner Partei. Der DUP-Fraktionschef im britischen Unterhaus, Sammy Wilson, äußerte etwa Bedenken, ob die Bremse genüge, um Nordirlands Platz im Vereinigten Königreich wieder voll herzustellen. Ian Paisley, einer der Hardliner in der DUP, ist der Meinung, dass Sunaks Deal nicht ausreichend sei, wörtlich sagte er: "This does not cut the mustard."

Die DUP ist nicht die einzige Partei, die bei Sunak für ein gewisses Kopfzerbrechen sorgen dürfte. Auch unter seinen Tories sind die Hardcore-Brexiteers dabei, den Deal ganz genau zu prüfen.

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