Norddeutschland:Voll auf Ausbau

Wohnungsbau in Hamburg

Überdurchschnittlich: In Hamburg sind seit 2011 ungefähr 75 000 neue Wohnungen gebaut worden.

(Foto: Christian Charisius/dpa)

Warum Hamburg in der Mietmisere noch vergleichsweise gut dasteht.

Von Peter Burghardt, Hamburg

Es gibt auch gute Nachrichten vom deutschen Wohnungsmarkt. "Schaut auf Norddeutschland!", rät Andreas Breitner in leichter Abwandlung des von Ernst Reuter einst auf Berlin gemünzten Bonmots. Breitner ist Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmer, des VNW. Er findet, die Bundespolitik solle sich an dieser Gegend ein Beispiel nehmen.

Nachhaltig helfe nur die Förderung des Baus bezahlbaren Wohnraums, nicht Bürokratie und weitere gesetzliche Eingriffe. "Der Berliner Mietendeckel zeigt das plastisch." Als Vorbild nennt Breitner Hamburg, das seit 2011 ungefähr 75 000 neue Wohnungen gebaut hat, da gebe es "ein Klima des Dialoges zwischen Wohnungswirtschaft und Stadt". Das Ergebnis: Die Mieten stiegen langsamer als die allgemeinen Preise. Oder Kiel. Dort liefen Mietpreisbremse und Kappungsgrenze aus, gleichzeitig werde mehr Geld für bezahlbare Wohnungen ausgegeben. Oder Schwerin, wo die Landesregierung einen Fonds aufgelegt habe, damit Kommunen und kommunale Wohnungsunternehmer ihre Altschulden tilgen und in moderne Wohnungen investieren könnten.

Der VNW vertritt 395 Genossenschaften und Gesellschaften mit 742 000 Wohnungen in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern, in denen 1,5 Millionen Menschen leben. Die durchschnittliche Nettokaltmiete pro Quadratmeter wird mit 6,04 Euro angegeben, in Hamburg liegt sie natürlich erheblich höher.

Der rot-grüne Senat der Hansestadt hört das Lob des Verbandes gerne, Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) schwärmt wie sein Vorgänger Olaf Scholz vom jährlichen Bau von bis zu 10 000 Hamburger Wohnungen. Aber wie sehen das andere?

Norddeutschland: "Das bedeutet nicht, dass hier alles schön ist": Siegmund Chychla, Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzender des Mietervereins Hamburg.

"Das bedeutet nicht, dass hier alles schön ist": Siegmund Chychla, Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzender des Mietervereins Hamburg.

(Foto: Mieterverein Hamburg)

Anruf bei Siegmund Chychla, dem Geschäftsführer und Vorsitzenden des Mietervereins zu Hamburg. Ja, sagt er, Hamburg stehe relativ gut da, das Verhältnis zwischen Stadt, Wohnungswirtschaft und Mietern sei vergleichsweise vorbildlich. "Aber das bedeutet nicht, dass hier alles schön ist." Trotz allem würden in Hamburg 30 000 bezahlbare Wohnungen fehlen, obwohl in Hamburg mehr Sozialwohnungen entstehen als im Bundesschnitt. Chychla erinnert daran, dass es in den Achtzigerjahren in Hamburg 400 000 Sozialwohnungen gegeben habe - jetzt seien es noch 80 000, dabei stieg die Einwohnerzahl seither von 1,6 auf mehr als 1,8 Millionen.

Die Preise auf dem freien Mietmarkt steigen nach wie vor, wenn auch nicht so schnell. Der Quadratmeterpreis liegt laut Chychla im Mittel bei 13 Euro. Er befürchtet, dass sich die Stadt künftig nur noch leisten könne, wer viel Geld habe oder Transferleistungen beziehe, was ausdrücklich keine Kritik an Transferleistungen sei. Zum Schutz vor Spekulanten wünscht sich der Mieterverein, dass das Erbbaurecht in ein neues Hamburger Bündnis für das Wohnen aufgenommen wird. Am 1. März will Siegmund Chychla das Thema mit der Senatorin Dorothee Stapelfeld besprechen, er ist gespannt.

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