Nord Stream 2:Webers Kniff

Sein Vorstoß gegen das Projekt ist für den CSU-Politiker riskant.

Von Daniel Brössler

Ein Blick in die Ahnengalerie führt vor Augen, was sich Manfred Weber (CSU) mit der Kandidatur für das Amt des Präsidenten der Europäischen Kommission vorgenommen hat. Der erste und letzte Deutsche auf dem Posten hieß Walter Hallstein vor mehr als einem halben Jahrhundert. Deutschland wird ohnehin schon als übermächtig empfunden. Das bremst die Lust, einen Deutschen an die Spitze der mächtigen Brüsseler Behörde zu stellen. Weber weiß: Eine Chance hat er nur, wenn er nicht vor allem als Deutscher daherkommt.

Die klare Positionierung gegen die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 ist insofern geschickt. Sie sichert Weber einerseits Sympathien im Osten der EU, wo das deutsch-russische Röhrenprojekt als Bedrohung und die Berliner Linie nicht zu Unrecht als egoistisch wahrgenommen wird. Andererseits gefährdet sie nicht ernsthaft Webers Rückhalt in der CDU und CSU, wo es etliche Kritiker von Nord Stream 2 gibt. Zwar unterstützt die Kanzlerin Angela Merkel das Vorhaben. Diesen Widerspruch aber wird Webers Wahlkampf aushalten.

Rächen könnte sich der Kniff allerdings, sollte Weber tatsächlich gewählt werden. Unklar ist, wie er den weit vorangeschrittenen Röhrenbau noch stoppen will. Gelingt es ihm nicht, wird Weber massiv in die Kritik geraten - und zwar auch als Deutscher.

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