Streit um Pipeline-Projekt:Biden will angeblich auf Sanktionen gegen Nord Stream 2 verzichten

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Für Michael McCaul, der für die Republikaner an führender Stelle im Auswärtigen Ausschuss sitzt, ist der Verzicht auf Sanktionen ein Indiz dafür, dass Biden entgegen früherer Beteuerungen nie vorhatte, die Pipeline zu stoppen. (Foto: Evan Vucci/AP)

Seit Jahren führt die umstrittene Röhre in der Ostsee zu Differenzen zwischen Deutschland und den USA. Die Haltung des US-Präsidenten ist bisher nicht eindeutig, das nutzen die Republikaner, um den Druck auf ihn zu erhöhen.

Die Regierung von US-Präsident Joe Biden gerät im Zusammenhang mit der umstrittenen Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 innenpolitisch immer stärker unter Druck. Wie die US-Nachrichtenseite Axios berichtet, will Bidens Regierung auf Sanktionen gehen die Betreiberfirma verzichten. Das stößt auf erheblichen Widerstand der Republikaner.

"Vor zwei Monaten nannte Präsident Biden Putin einen 'Killer', aber heute plant er, Putin, seinem Regime und seinen Kumpanen massive strategische Vorteile in Europa zu verschaffen," sagte Senator Ben Sasse im Kongress. Für den Abgeordneten Michael McCaul, der für die Opposition an führender Stelle im Auswärtigen Ausschuss sitzt, ist der Verzicht auf Sanktionen ein Indiz dafür, dass Biden entgegen früherer Beteuerungen nie vorhatte, die Pipeline zu stoppen. "Diese Pipeline ist kein einfaches kommerzielles Projekt. Es ist ein russisches Projekt der böswilligen Einflussnahme, das die Energieabhängigkeit Europas von Moskau zu vertiefen droht", sagte McCaul.

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Das US-Außenministerium muss dem Kongress alle 90 Tage zu Nord Stream 2 Bericht erstatten. Der Bericht steht in dieser Woche erneut an. In dem Axios-Artikel heißt es, in dem Bericht stehe, das Außenministerium wolle nur einige weitere russische Schiffe mit Strafmaßnahmen belegen. Die im schweizerischen Zug ansässige und von einem deutschen Geschäftsführer geleitete Nord Stream 2 AG seien zwar grundsätzlich an sanktionierbaren Aktivitäten beteiligt, aber aus Gründen des nationalen Interesses wolle man in diesem Fall auf Sanktionen verzichten. Das Magazin interpretiert das so, als sei die Biden-Regierung nicht willens, ihre Beziehungen mit Deutschland wegen Nord Stream 2 zu zerrütten.

Die 1200 Kilometer lange Pipeline ist zu 95 Prozent fertiggestellt

Matthias Warnig, der CEO der North Stream 2 AG, gilt als Vertrauter des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Die Betreibergesellschaft Nord Stream 2 ist eine Tochter des russischen Energieriesen Gazprom. Als unterstützende Firmen sind die deutschen Konzerne Wintershall Dea sowie Uniper beteiligt. Altkanzler Gerhard Schröder fungiert bei Nord Stream 2 als Präsident des Verwaltungsrats.

Die zu 95 Prozent fertiggestellte, etwa 1200 Kilometer lange Ostsee-Pipeline zählt seit Jahren zu den Hauptstreitpunkten in den deutsch-amerikanischen Beziehungen. US-Außenminister Tony Blinken habe in einem Telefonat mit seinem deutschen Kollegen Heiko Maas am Dienstag erneut betont, dass die USA die Pipeline weiterhin ablehnten, heißt es von Seiten der US-Regierung. Blinken hatte im Januar vor seiner Amtseinführung gesagt: "Ich bin entschlossen, alles zu tun, was wir können, um diese Fertigstellung zu verhindern."

Ende 2019 waren die Bauarbeiten an der schon sehr weit gediehenen Pipeline gestoppt worden, nachdem die USA ein erstes Sanktionsgesetz gegen die Spezialschiffe in Kraft gesetzt hatten, die die Rohre verlegten. In einem zweiten Gesetz wurden die Sanktionsmöglichkeiten deutlich breiter gefasst. Beide Gesetze wurden im Kongress sowohl von Republikanern als auch von Demokraten unterstützt.

Nord Stream 2 soll nach Fertigstellung 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr von Russland nach Deutschland befördern. Die USA befürchten eine zu starke Abhängigkeit Europas von russischem Gas durch das Projekt. Auch osteuropäische Staaten wie Polen und die baltischen Länder lehnen die Pipeline ab. Befürworter halten den Amerikanern entgegen, sie seien nur auf bessere Absatzchancen für ihr Flüssiggas in Europa aus.

© SZ/dpa/Reuters/olkl - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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