Norbert Lammert zur Euro-Krise:"Gigantische Einkommensunterschiede sind nicht zu rechtfertigen"

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Bundestagspräsident Lammert hat die hohen Managergehälter harsch kritisiert. Im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" äußerte sich der CDU-Politiker auch skeptisch gegenüber der Euro-Rettung: "Unser Problem ist nicht, dass zu wenig Geld im System ist, sondern dass es zu wenig Regeln gibt."

Heftige Kritik an den Managergehältern in Deutschland hat Bundestagspräsident Norbert Lammert geäußert. Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung (Montagsausgabe) spricht er von "gigantischen Einkommensunterschieden in den Unternehmen, selbst zwischen der ersten und zweiten Leitungsebene".

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) kritisiert die laxe Lohn- und Gehaltsdisziplin in deutschen Unternehmen. (Foto: ddp)

Lammert weiter: "Das ist nicht zu rechtfertigen, schon gar nicht mit entsprechenden Leistungs- und Verantwortungsdifferenzen. Das ist die Verselbständigung der Gehaltsfindung, die den Verdacht der Selbstbedienung nahelegt." Er sei, sagte der Bundestagspräsident, "gelegentlich fassungslos über die Gedankenlosigkeit oder die Skrupellosigkeit, mit der solche Ansprüche geltend gemacht und durchgesetzt werden. Das gilt insbesondere für Klagen zu verweigerten Bonizahlungen der Finanzmakler, die offenkundig kein Problem damit haben, die Folgen ihrer eigenen Fehleinschätzungen und misslungenen Wettgeschäfte beim Steuerzahler anzumelden und gleichzeitig ihre vertraglich begründeten Bonusleistungen bei ordentlichen Gerichten für sich persönlich einzufordern."

Lammert beklagt, dass "die erstaunliche Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft, die noch vor 15 Jahren im Ausland als kranker Mann Europas galt, ganz wesentlich der Lohn- und Gehaltsdisziplin der Beschäftigten zu verdanken ist, deren Reallöhne sich in diesem Zeitraum kaum oder nicht verändert haben. Die einzige auffällige Veränderung hat in den Vorstandsetagen stattgefunden." Der CDU-Politiker empfiehlt den Unternehmen, die öffentliche Wirkung ihrer Entscheidungen nicht zu unterschätzen. Wenn die Wirtschaft sich nicht selbst Grenzen auferlege oder freiwillige Verpflichtungen in der Realität leerliefen, "dann wächst der Druck zu gesetzlichen Regelungen".

Ausführlich äußerte sich Lammert auch zur Euro-Krise. Diese habe dem Bundestag entgegen dem allgemeinen Eindruck nicht weniger, sondern mehr Einfluss gebracht. "Wir haben in Deutschland zum ersten Mal eine Rollenverteilung, die in der Parlamentsgeschichte untypisch ist, dass wir bei internationalen Verhandlungen quasi mit am Tisch sitzen, und am Ende über einen Vertragstext votieren, dessen Entstehen wir begleitet haben."

Kritisch sieht er die Euro-Rettung. "Der Versuch, die Probleme mit immer mehr Geld zu lösen, ist erkennbar gescheitert. Unser Problem ist nicht, dass zu wenig Geld im System ist, sondern dass es zu wenig Regeln gibt. Wenn überhaupt, ist eher hinzunehmen, dass die Erwartungen der Märkte durch unsere Rechtsordnung enttäuscht werden, als umgekehrt unsere Rechtsordnung durch die Verselbständigung der Märkte."

Das vollständige Interview lesen Sie in der Montagsausgabe der Süddeutschen Zeitung.

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