Niedersachsen: McAllister:David McWer?

Typisch Kronprinz: Niedersachsens neuer Ministerpräsident David McAllister weiß mit seinem Amt nichts anzufangen. Er kopiert einfach seinen Vorgänger Christian Wulff - und schadet damit nur sich selbst.

Jens Schneider

David McAllister kam in Niedersachsen so glatt an die Macht, als wäre ihm das Amt des Ministerpräsidenten vererbt worden. In der Demokratie sollte es zwar keine Kronprinzen geben, aber er war einer. Seit Jahren lief alles auf ihn zu. Erst machte Christian Wulff ihn 2008 zum CDU-Landesvorsitzenden. Und während der Mentor im Sommer nur holprig Schloss Bellevue erreichte, wurde der Kronprinz als Nachfolger einfach inthronisiert. Es war wohl zu leicht.

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Schwerer Fall von Kronprinzen-Syndrom: Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister.

(Foto: dapd)

Der Mann, dem schon eine große Zukunft auf Bundesebene prophezeit wurde, ist bisher nicht einmal im neuen Amt in Hannover angekommen. Seine ersten sechs Monate wurden von den Fehlern ungeschickter Ministerinnen geprägt. Die anfangs hochgelobte Integrationsministerin Aygül Özkan ist inzwischen nur noch bemüht, nicht aufzufallen.

Dafür bestimmten die Skandale der Massentierhaltungs-Ministerin Astrid Grotelüschen das Bild. McAllister ließ sie trotz ständig neuer Enthüllungen viel zu lange im Amt. Das schadete dem Agrarland Niedersachsen. Und überschattete alles andere - was auch daran lag, dass sonst wenig kam.

McAllister lieferte einen Etat ohne Akzente, und als die Blockaden um Gorleben Deutschland bewegten, vermied er es, im Endlager-Streit klar Position zu beziehen. Es wäre so leicht, nach dem Schwund an CDU-Spitzenpolitikern eine der Leerstellen zu füllen. Aber es ist, als gäbe es diesen Ministerpräsidenten gar nicht. Als wäre da immer noch einer, hinter dem er sich verstecken kann.

Es wäre dies nicht der erste neue Landeschef, dem das Kronprinzen-Syndrom zu schaffen macht. Zuletzt war Dieter Althaus in Thüringen daran gescheitert, ähnlich Günther Oettinger in Stuttgart. Gewiss hat jedes Versagen immer auch individuelle Gründe, die nicht auf andere Fälle übertragbar sind. Aber offenbar wird politischen Kronprinzen oft zum Verhängnis, dass sie nicht kämpfen mussten, dass die Macht ihnen ohne einen Wettbewerb zufiel, der sie gezwungen hätte, Ideen fürs Amt zu entwickeln. Ihnen fehlen auch prägende Niederlagen - und damit das Bewusstsein, dass die neue Aufgabe mehr ist als ein Karriere-Schritt, der sich ergeben hat.

Bestimmend für die Kronprinzen ist die Rolle als zweiter Mann, Das Wesen dieser Rolle besteht darin, wenig aufzufallen. Sind sie dann Erster, wollen sie nichts falsch machen und begehen damit schon ihren schwersten Fehler. Sie bleiben die ewigen Nachfolger. McAllister füllt diese Rolle auf groteske Art aus.

Zum Start legte er Wert auf die Feststellung, zwischen Wulff und ihm gebe es keine Unterschiede. Das ist erstens Unfug, und zweitens für ihn höchst schädlich: Indem er den Vorgänger kopiert, beraubt er sich seiner eigenen Stärken. Beim Start schienen seine Voraussetzungen nahezu ideal zu sein. Er übernahm ohne Streit, mehr als zwei Jahre vor der nächsten Wahl. Früh genug, um eigene Spuren zu hinterlassen. Jetzt bleibt ihm immer weniger Zeit zum Umschalten.

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