Niedersachsen:Große Koalition, großer Zeitdruck

Die Landesvorstände von CDU und SPD stimmen dafür, in Niedersachsen über ein Bündnis zu verhandeln. Doch es ist Eile geboten, denn schon bald kommt der neue Landtag zusammen.

Von Peter Burghardt, Stade

Jetzt machen SPD und CDU in Niedersachsen also Ernst. Am Mittwochabend stimmten auch die Landesvorstände der beiden Parteien für Koalitionsverhandlungen, nachdem die Vorsitzenden Stephan Weil und Bernd Althusmann zuletzt zu zwei Sondierungstreffen zusammengekommen waren. Eine Alternative zu dieser GroKo scheint nicht in Sicht zu sein, weil die Liberalen nicht über eine Ampel sprechen wollen und die Grünen nicht über Jamaika, das wären die beiden anderen rechnerischen Möglichkeiten gewesen. Nun darf es offiziell losgehen, die Zeit drängt.

Geht es nach Plan, dann müssten Sozialdemokraten und Christdemokraten bereits bis zum 14. November so weit sein. Für diesen Termin ist die konstituierende Sitzung des künftigen Landtags von Hannover vorgesehen. Dann oder eine oder spätestens zwei Wochen danach soll ein neuer Ministerpräsident gewählt werden, das wäre der Amtsinhaber Weil, und eine neue Regierung stehen. Althusmann hält das für ein ambitioniertes Ziel, "aber ich bin zuversichtlich, dass dies gelingen kann". Weil glaubt ebenfalls, dass es noch in diesem Monat zu schaffen ist. Da würden die niedersächsische SPD und CDU den etwaigen Jamaikanern in Berlin vermutlich davon eilen. Es gebe zwar noch viel zu diskutieren, berichtete Weil, aber man habe in allen Bereichen "eine hinreichend breite Basis", um konkret zu verhandeln. Dies sei nun mal die einzige Option, um eine stabile Regierung zu bilden. Seine knappe Mehrheit hatte Rot-Grün zunächst verloren, als die Grünen-Abgeordnete Elke Twesten im August zur CDU überlief. Es folgten vorgezogene Landtagswahlen, die Weils SPD am 15. Oktober zwar klar gewann, bei der SPD und Grüne allerdings zwei Sitze zu wenig eroberten, um weiter zusammen regieren zu können. Ersatzweise hätten sich Wahlsieger Weil und auch die Grünen ein Dreierbündnis mit der FDP gewünscht, doch diese Ampel aus Rot, Gelb und Grün lehnen die Liberalen ab. Über einen theoretischen Jamaika-Pakt mochten die Grünen nicht reden, auch wäre der Posten des Regierungschefs für den Wahlverlierer Althusmann aus der CDU nach Ansicht vieler eine etwas zu große Ehre gewesen. So bleibt nur noch diese große Koalition, wobei die Grünen außerdem die Variante namens Minderheitsregierung ins Spiel gebracht hatten. Laut der Landesverfassung in Niedersachsen müsste 30 Tage nach der Wahl die Regierung klar sein. Das setzt die Parteien unter entsprechenden Druck, auch wenn der Ministerpräsident notfalls auch ein bis zwei Wochen später gewählt werden darf. "Sehr schnell" sollten die Gespräche beginnen, versichert Althusmann, die Vertrauensbasis sei gelegt. Das klang bis vor Kurzem noch ganz anders - im Wahlkampf hatten sich Weil und Althusmann erbittert bekämpft und teilweise beleidigt. Ärger gab es besonders beim Thema VW-Skandal und angesichts des abrupten Parteiübertritts der Grünen Twesten.

Inzwischen haben die Widersacher Ansätze von Harmonie entdeckt. Gerungen wird um Themen wie innere Sicherheit, Asyl, Bildung und Umweltschutz. Die Fachgruppen sollen sofort loslegen, weit scheinen die mutmaßlichen Koalitionäre ja nicht auseinander zu liegen. Weil spricht von "guter Gesprächsatmosphäre". Spätestens bis zum 22. oder 29. November will man sich geeinigt haben. Dann bleibt SPD-Weil Ministerpräsident, diesmal mit Hilfe der CDU.

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