Süddeutsche Zeitung

Niedersachsen billigt umstrittenes Großprojekt:Massiver Widerstand gegen Vertiefung der Elbe

Es war die letzte politische Hürde: Niedersachsen hat der umstrittenen Elbvertiefung zugestimmt. Durch das gigantische Bauprojekt soll der Hamburger Hafen auch für Riesen-Containerschiffe erreichbar sein. Umweltverbände und Gemeinden wollen klagen: Die Bedenken der Bürger seien nicht ausreichend berücksichtigt worden.

Jens Schneider, Hamburg

Umweltverbände und Gemeinden wollen mit Protesten und Klagen die Elbvertiefung zwischen Hamburg und Cuxhaven verhindern. Am Dienstag hat Niedersachsen nach monatelanger Prüfung dem umstrittenen Ausbau der Fahrrinne zugestimmt und so den Weg für das Projekt frei gemacht. Durch die Vertiefung soll der Hamburger Hafen auch für Riesen-Containerschiffe erreichbar sein.

Verbände wie der Bund für Umwelt- und Naturschutz BUND wollen voraussichtlich vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen das mehrere hundert Millionen Euro teure Projekt klagen. Sie hoffen, einen baldigen Baubeginn durch einen Eilantrag verhindern zu können. "Es gibt genügend Hinweise, dass hier auf unverantwortliche Weise in die Natur eingegriffen wird", sagte der Sprecher des BUND Hamburg, Paul Schmid.

Auch die Bedenken der Bürger in den Gemeinden entlang der Elbe seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. "Wir brauchen dringend mehr Bürgerbeteiligung." Gemeinden entlang der Elbe prüfen ebenfalls Klagen. Sie befürchten Auswirkungen auf die Landwirtschaft an der Elbe und sorgen sich um die Deichsicherheit. Die SPD im niedersächsischen Landtag warnte vor "negativen Auswirkungen" des Projekts. Der Vorsitzende des Naturschutzbunds NABU in Hamburg, Alexander Porschke, bezeichnete die Elbvertiefung als nicht genehmigungsfähig.

Die Stadt Hamburg und der Bund sehen den Ausbau der Elbe als lebensnotwendig für die wirtschaftliche Entwicklung an. Die Fahrrinne soll auf einer Länge von 136 Kilometern so vertieft werden, dass auch große Containerschiffe von 350 Meter Länge, 46 Meter Breite und einem Tiefgang bis zu 14,50 Meter den Hamburger Hafen erreichen können. Ohne diesen Ausbau würde nach Einschätzung der Befürworter der Hafen massiv an Bedeutung verlieren. Hunderttausende Arbeitsplätze hängen laut dem Hamburger Senat direkt oder indirekt von einem florierenden Hafen ab.

Die Vertiefung wird seit Jahren vorbereitet, hatte sich aber immer wieder hinausgezögert. Im Dezember hatte die EU-Kommission trotz der zu erwartenden Folgen für die Natur das Projekt wegen der wirtschaftlichen Bedeutung genehmigt. Schleswig-Holstein stimmte umgehend zu, das Votum Niedersachsens stand aus. Ministerpräsident David McAllister (CDU) zögerte angesichts des Widerstands in den Kreisen südlich der Elbe lange. Noch 2008 hatte er sich selbst kritisch zur Vertiefung der Elbe geäußert.

In den vergangenen Wochen machte Hamburg gegenüber Niedersachsen Zugeständnisse. So soll durch den Bau von Speicherbecken die Süßwasserversorgung für Obstbauern im Alten Land, einem großen Anbaugebiet, gesichert werden. Weil die Elbe durch den Ausbau landeinwärts zu versalzen droht, fürchten sie um ihre Existenz.

Die Ausgleichsmaßnahmen dürften zu einer massiven Steigerung der Kosten führen. Zunächst waren 385 Millionen Euro als Kosten prognostiziert worden. Die Planer gehen intern offenbar längst von höheren Summen aus. Die norddeutschen Grünen, die dem Projekt kritisch gegenüberstehen, rechnen mit Baukosten von 630 Millionen.

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SZ vom 04.04.2012/hai
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