Nichtregierungsorganisationen:Israel wirft EU Unterstützung von Boykottbefürwortern vor

Lesezeit: 2 min

Dieses Graffito in Bethlehem ruft Palästinenser zum Boykott israelischer Produkte auf. (Foto: AFP)
  • Israel hat eine Liste mit Nichtregierungsorganisationen veröffentlicht, die angeblich das Land boykottieren und von der EU finanziert werden .
  • Die NGOs sollen Verbindungen zu Terrorgruppen haben oder einen Boykott Israels unterstützen und von der EU mit Millionen unterstützt werden.
  • Vor wenigen Tagen hatte die EU die Untersuchung eines Vorfalls gefordert, bei dem ein Bürgerrechtler verletzt worden war. Israels Energieminister Steinitz reagiert darauf mit deutlichem öffentlichen Zorn.

Israel wirft der EU vor, indirekt Terrororganisationen zu unterstützen, indem sie bestimmte Nichtregierungsorganisationen (NGOs) finanziert. Die Regierung hat eine Liste mit NGOs veröffentlicht, die angeblich Verbindungen zu Terrorgruppen haben oder einen Boykott Israels unterstützen und von der EU mit Millionen gefördert werden.

Damit verstoße die Europäische Union gegen ihre eigenen Richtlinien, erklärte das Ministerium für Strategische Angelegenheiten am Freitag. Das Ministerium formulierte in einem Bericht die "Sorge, dass europäische Steuergelder dafür verwendet werden, Verbindungen zu Terrororganisationen zu unterstützen".

Gazastreifen
:Palästinenser tragen die Toten zu Grabe

Sechzig Menschen sind palästinensischen Angaben zufolge bei den Auseinandersetzungen mit der israelischen Armee am Montag getötet worden. Bei neuen Protesten wird ein Mann erschossen.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Gaza-Stadt

So habe die EU im Jahr 2016 der Norwegischen Volkshilfe 1,76 Millionen Euro gezahlt. Diese sei wegen Verbindungen zur radikalislamischen Hamas und zur marxistisch-leninistischen Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) von US-Behörden mit Strafgeldern belegt worden. Die Hamas und die PFLP werden als Terrororganisationen eingestuft.

Die EU habe zudem im Jahr 2016 Organisationen mit mehr als fünf Millionen Euro direkt finanziert, die sich für eine Delegitimierung Israels sowie für einen Boykott des Landes einsetzten. Die irische Organisation Trócaire habe beispielsweise 520 000 Euro erhalten. "Trócaire initiiert und unterstützt Petitionen, die die EU dazu auffordern, wirtschaftliche Sanktionen gegen Israel zu verhängen", heißt es in dem Bericht. Trócaire wurde von der katholischen Kirche gegründet. Die Organisation schreibt auf ihrer Internetseite: "Wir rufen nicht zu einem Boykott Israels auf."

Israel geht seit Langem gegen eine Bewegung vor, die für Boykotte und Sanktionen wegen des israelischen Umgangs mit den Palästinensern eintritt. Die Organisation BDS fordert Unternehmen, Künstler und Universitäten auf, Verbindungen mit Israel zu kappen. Ihre Anhänger sagen, mit diesen Sanktionen könne auf gewaltlose Weise das Anliegen der Palästinenser unterstützt werden, die einen eigenen Staat wollen und Israel als Besatzungsmacht wahrnehmen.

Israels Energieminister attackiert die EU für "Gemeinheit"

Zwischen Israel und der EU gibt es momentan unter anderem deshalb Verstimmungen, weil israelisches Militär vergangene Woche Dutzende protestierende Palästinenser im Gazastreifen getötet hat. Die UN, die EU und Länder wie Deutschland, Großbritannien und die Schweiz forderten eine unabhängige Untersuchung der tödlichen Schüsse. Israel und die USA wiesen die Forderung zurück.

Zuletzt hat Israels Energieminister Yuval Steinitz der EU gewünscht, sie "möge tausendmal zur Hölle fahren". Das Mitglied des Sicherheitskabinetts sagte im Radio, dies sei "noch freundlich formuliert". Hintergrund der zornigen Äußerungen von Steinitz ist ein EU-Aufruf vom Dienstag. Unter anderem wurde darin die rasche Untersuchung eines Vorfalls in Haifa gefordert, bei dem der Leiter einer arabischen Bürgerrechtsorganisation verletzt worden war.

Dschafar Farah, Leiter des Mossawa-Zentrums, war am Freitag mit rund 20 anderen bei einer Demonstration festgenommen worden. Nach seiner Darstellung brach ihm auf der Polizeiwache ein israelischer Polizist das Bein. Israels Behörden untersuchen den Fall bereits.

Steinitz nannte die EU-Stellungnahme einen "Gipfel der Unverschämtheit, der Heuchelei". Es sei "dieselbe Europäische Union, die sich jetzt bei Iran einschmeichelt und ihm angesichts der US-Sanktionen helfen will". Teheran richte regelmäßig Homosexuelle hin, verstoße gegen Frauenrechte, unterstütze im gesamten Nahen Osten Terrorismus sowie den syrischen Machthaber Baschar al-Assad, der sein eigenes Volk abschlachte. "Und dann drangsalieren die Europäer ausgerechnet uns, einen Rechtsstaat?" Die Stellungnahme beweise die "Gemeinheit" der Europäischen Union Israel gegenüber, sagte Steinitz.

© SZ.de/dpa/afp/ap/jsa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Nahost-Konflikt
:Diese Länder verlegen ihre Botschaften nach Jerusalem

Den Anfang machten die USA mit der Verlegung ihrer diplomatischen Vertretung, heute folgt Guatemala, bald Paraguay. Wer noch folgen könnte - und warum.

Von Lars Langenau

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: