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Nicaragua:Parlament schließt Regierungsgegner per Gesetz von Wahlen aus

Die von der sandinistischen Regierungspartei FSLN dominierte Kammer erklärt damit politische Gegner zu Staatsfeinden, die nicht an Wahlen teilnehmen dürfen. Die Regierung von Präsident Daniel Ortega geht immer wieder gegen Oppositionelle vor.

Nicaraguas Parlament hat in einer außerordentlichen Sitzung ein umstrittenes Gesetz verabschiedet, das die Kandidatur von Oppositionellen bei den Wahlen 2021 verhindert. Das "Gesetz zur Verteidigung der Rechte des Volkes auf Unabhängigkeit, Souveränität und Selbstbestimmung für den Frieden" wurde von der sandinistischen Regierungspartei FSLN mit ihrer großen Mehrheit in der nicaraguanischen Nationalversammlung am Montag (Ortszeit) auf den Weg gebracht. Das Gesetz verbietet Nicaraguanern, sich für ein öffentliches Amt zu bewerben, die etwa "einen Staatsstreich anführen", "zu terroristischen Akten aufrufen" oder "die Verhängung von Sanktionen gegen Nicaragua oder seine Bürger beklatschen oder sich dafür einsetzen".

Präsident Daniel Ortega hat die Regierungsgegner, die an den 2018 ausgebrochenen Straßenprotesten teilnahmen, als "Putschisten" und "Terroristen" bezeichnet. Die USA haben Sanktionen gegen etwa 27 Personen verhängt, die Ortega und seiner Frau, Vizepräsidentin Rosario Murillo, nahestehen, darunter Murillo selbst und drei ihrer gemeinsamen Kinder mit Ortega. Die Sanktionen sollen dazu dienen, freie Wahlen herbeizuführen.

Laut Gesetz sind Personen, die sich wie dort aufgeführt verhalten, "Verräter des Heimatlandes". Verrat kann mit bis zu 15 Jahren Gefängnis bestraft werden. Der Führer der Oppositionskoalition Alianza Cívica, Juan Sebastián Chamorro, erklärte, Ortega sollte angesichts seiner vielen Verstöße gegen Menschenrechte der erste sein, der nach dem neuen Recht von einer Kandidatur ausgeschlossen werde. Die Wahl ist für den 7. November 2021 geplant. Es wird erwartet, dass der 75-jährige Ortega erneut antritt. Er führte Nicaragua nach der Sandinistischen Revolution von 1979 bis 1990, die Präsidentenwahl 1990 verlor er. 2007 kehrte er nach drei vergeblichen Versuchen ins Präsidentenamt zurück und wurde 2011 wiedergewählt. Gesetze zur Begrenzung der Amtszeit umging er, um 2016 erneut wiedergewählt zu werden. Seither besetzte er Gerichte und Behörden mit Parteigängern.

Die Regierung und ihre Anhänger gehen immer wieder gegen Kritiker und unabhängige Journalisten vor. Die Proteste vor gut zwei Jahren wurden blutig niedergeschlagen - es gab mehr als 300 Tote sowie Hunderte Festnahmen. Rund 100 000 Menschen verließen das mittelamerikanische Land.

In einer früheren Version dieses Artikels wurde der Eindruck erweckt, das Parlament Venezuelas schließe Regierungsgegner von Wahlen aus. Es handelt sich jedoch um das Parlament von Nicaragua. Wir bitten, diesen Fehler zu entschuldigen.

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