Die Kriegsflugzeuge der USA verschwanden so schnell aus Iran, wie sie gekommen waren: Tarnkappenbomber warfen kurz nach zwei Uhr Ortszeit in der Nacht auf Sonntag die ersten Ladungen auf Fordo ab, eine tief im Berg versteckte iranische Atomanlage. Dann folgten Bomben auf Natans. 25 Minuten nach den ersten Explosionen schlugen schließlich die letzten Tomahawk-Marschflugkörper in Isfahan ein, abgefeuert von einem amerikanischen Atom-U-Boot vor der iranischen Küste.

Die Iraner leisteten laut amerikanischen Angaben keinerlei Gegenwehr. Kein Jäger hob ab, um die Angreifer abzufangen, keine Abwehrrakete stieg auf. Die Operation Midnight Hammer sei ein „unglaublicher und überwältigender Erfolg“ gewesen, sagte US-Verteidigungsminister Pete Hegseth am Sonntag während einer Pressekonferenz im Pentagon bei Washington.
„Wir haben das iranische Atomprogramm verwüstet“, erklärte er und fügte hinzu: „Die Operation zielte weder auf die iranischen Truppen noch auf das iranische Volk.“ Es sei nicht darum gegangen, das Regime in Teheran zu stürzen.
Der Verteidigungsminister wiederholte damit, was Donald Trump am Samstagabend verkündet hatte, nachdem die historischen Militärschläge gegen den Erzfeind zu Ende waren. „Iran muss jetzt zustimmen, diesen Krieg zu beenden“, schrieb der US-Präsident auf seinem sozialen Netzwerk Truth Social. Er warnte Teheran davor, Gegenschläge auszulösen, und drohte andernfalls mit weiteren Angriffen, mit „einer Tragödie“ für Iran.
Das angegriffene Land schoss wenige Stunden nach den US-Bombardierungen etwa 30 Raketen auf Israel ab. Mehrere Dutzend Menschen wurden verletzt, wie das israelische Gesundheitsministerium mitteilte. Die iranischen Revolutionsgarden drohten den USA laut Reuters mit Vergeltung. Die amerikanischen Militärstellungen in der Region seien „Punkte der Verwundbarkeit“. Außenminister Abbas Araghchi sagte, die Amerikaner hätten bewiesen, dass sie „keine Männer der Diplomatie sind und dass sie nur die Sprache von Drohungen und Gewalt verstehen“. Er forderte eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats.

Donald Trump:Nun doch ein Kriegspräsident
Ab sofort kann sich der US-Präsident nicht mehr als Friedensfürst verkaufen. Wie er versucht, seine Anhänger bei diesem Kurswechsel mitzunehmen.
Die rund 40 000 US-Soldaten im Nahen Osten seien in erhöhter Alarmbereitschaft, sagte Hegseth im Pentagon. Er beteuerte wie auch Trump, der Angriff auf Iran, den Erzfeind der Amerikaner seit der iranischen Revolution, solle nicht etwa zu einem weiteren Krieg im Nahen Osten führen, sondern im Gegenteil zu Frieden.
Trumps Vorgänger im Weißen Haus schätzten die Risiken von Militärschlägen gegen Iran als zu hoch ein. Barack Obama hatte darum ein Atomabkommen ausgehandelt, aus dem Trump in der ersten Amtszeit ausstieg. Joe Biden versuchte es wieder mit Diplomatie.
Auch Trump schickte zunächst seinen Nahostbeauftragten Steve Witkoff zu Gesprächen mit iranischen Vertretern. Nun aber hat der US-Präsident die Waffen sprechen lassen, nachdem sein engster Verbündeter in der Region, Israels Premier Benjamin Netanjahu, am 13. Juni einen Krieg mit Iran gestartet hatte und die iranischen Streitkräfte seither schwer getroffen wurden. So wie von Netanjahu erhofft, ist Trump nun gegen das iranische Atomprogramm vorgegangen, mit einem „Präzisionsschlag“, wie die Amerikaner betonen – nachdem er noch am Donnerstag davon geredet hatte, der Diplomatie eine letzte Chance zu geben. Zwei Wochen Zeit wollte er Iran lassen, um noch einmal Verhandlungen zu führen über die Urananreicherung, mit der das Regime über 400 Kilogramm nahezu atomwaffenfähiges Material hergestellt hatte.
Die neuerliche Frist war aber wenig mehr als eine Finte, damit sich die Iraner in falscher Sicherheit wiegen. Zuvor hatten die Amerikaner wochenlang und unter höchster Geheimhaltung ihre Operation vorbereitet, wie Verteidigungsminister Pete Hegseth am Sonntag sagte. Der Kongress sei kurz vor der Ausführung darüber informiert worden, wie es das Gesetz über Kriegskompetenzen vorsehe. Zu Erwägungen über das Völkerrecht, das für präventive Angriffskriege enge Grenzen zieht, äußerte er sich nicht. Auch wollte er nicht preisgeben, wann genau Trump den Einsatzbefehl erteilte.
Zum ersten Mal haben die Amerikaner ihre schwerste konventionelle Bombe im Ernstfall eingesetzt
Weitere Täuschungsmanöver erläuterte der höchste US-Militärvertreter, General Dan Caine, Vorsitzender des Generalstabs, am Sonntag. Die Luftwaffe schickte sechs Tarnkappenbomber von Missouri über den Pazifik – eine Ablenkung. Die sieben B-2-Bomber, die schließlich über Iran auftauchen sollten, flogen gleichzeitig unbemerkt nach Osten, über den Atlantik und das Mittelmeer.
Mehrfach wurden sie in der Luft betankt, bis sie über Libanon, Syrien und den Irak in den iranischen Luftraum eindrangen. Kurz zuvor hatten sich Kampfjets dazugesellt, die als Vorhut eine allfällige Abwehr auf sich lenken sollten. Die Bomber erreichten unbehelligt ihre Ziele und warfen insgesamt 14 Bomben des Typs GBU-57 ab. Zusätzlich feuerte ein Atom-U-Boot mehr als zwei Dutzend Tomahawk-Marschflugkörper ab. 125 Flugzeuge waren an der Operation beteiligt.
Es war das erste Mal, dass die Amerikaner ihre schwerste konventionelle Bombe im Ernstfall einsetzten. Tagelang war gerätselt worden, ob sie tief genug in die Felsen eindringen könne, in denen die iranischen Bunker in Fordo verborgen sind. Nun kombinierten die USA gleich ein Dutzend dieser 15-Tonnen-Sprengkörper, um die Atomanlage von Fordo zu zerstören. Zwei weitere galten den Anlagen in Natans, die Tomahawks schlugen in Isfahan ein. Verteidigungsminister Hegseth gab sich überzeugt, dass die USA ihre Ziele erreicht hätten. Allerdings sei es noch zu früh für eine detaillierte Beurteilung der angerichteten Schäden.
Kritiker warnen, dass das iranische Atomprogramm wohl einen Rückschlag erlitten habe, dass es aber keineswegs komplett zerstört sei. Iran könnte im Gegenteil den Atomwaffensperrvertrag kündigen und sich von anderen Staaten mit Kernwaffen ausstatten lassen. Außenminister Araghchi wollte noch am Sonntag in Moskau Wladimir Putin besuchen.