Bürgermeisterwahlen in New York:Wahlkampfhilfe oder Sabotage

Eric Adams

Eric Adams sei es ernst damit, das Verbrechen in New York zu bekämpfen, loben konservative Kommentatoren. Sollte er sich bei den Vorwahlen durchsetzen, könnte er der zweite afroamerikanische Bürgermeister der Metropole werden.

(Foto: John Minchillo/AP)

Wer die Vorwahlen bei den Demokraten gewinnt, dürfte später auch Bürgermeister von New York City werden. Die Favoriten bekommen viel Zuspruch - merkwürdigerweise auch vom politischen Gegner.

Von Christian Zaschke, New York

Diese Art von Lob wollten Eric Adams und Andrew Yang ausdrücklich nicht. Die beiden Favoriten bei der demokratischen Vorentscheidung für die Bürgermeisterwahl in New York haben harsch reagiert, als ihnen jüngst wohlwollende Aufmerksamkeit von Anhängern des früheren Präsidenten Donald Trump zuteilwurde. Adams zeigte sich empört. Yang vermutete gar Sabotage.

Den Anfang hatte Fernsehmoderator Tucker Carlson gemacht, der im konservativen Sender Fox News den sehr konservativen Part gibt. In seiner allabendlichen Sendung "Tucker Carlson Tonight" attackiert er mit Verve alles, was nicht in sein Weltbild passt, und das sind nicht selten demokratische Politiker. Umso erstaunlicher war es, als er sich kürzlich lobend über Eric Adams äußerte. Diesem Kandidaten sei es ernst damit, Verbrechen in New York zu bekämpfen, sagte er.

Insbesondere gefiel Carlson, dass Adams, ein ehemaliger Polizist, gesagt hatte, er werde gegebenenfalls in Bedrohungslagen eine Waffe tragen. "Können Sie sich vorstellen, Bill de Blasio würde so etwas tun?", fragte Carlson. Er hatte einen kleinen Gag vorbereitet. Carlson sagte: "Der würde versehentlich auf sich selbst schießen."

De Blasio ist der amtierende Bürgermeister von New York. Nach zwei Amtszeiten muss er abtreten, im November wird seine Nachfolge an den Wahlurnen geklärt. Die Vorwahlen der Demokraten finden jedoch bereits am 22. Juni statt - und wer diese gewinnt, wird aller Voraussicht nach auch das höchste Amt in der größten Stadt der USA übernehmen.

Er wolle diese Unterstützung nicht, sagt einer der Kandidaten

Es dauerte nach Carlsons Lob nur wenige Minuten, bis Adams reagierte. Er brauche dessen Unterstützung nicht, teilte er mit. Er brauche keine Hilfe von jemandem, der "rassistische, einwanderungsfeindliche Propaganda" verbreite. Allerdings haben sich mittlerweile auch einige andere konservative Medien für Adams starkgemacht, darunter das Boulevardblatt New York Post, das - wie Fox News - dem Medienunternehmer Rupert Murdoch gehört.

Adams' Konkurrent Andrew Yang sah sich zu seiner Überraschung mit Lob des früheren Trump-Beraters Stephen Miller konfrontiert. Miller gilt als Hardliner in Einwanderungsfragen und als Architekt der republikanischen Politik, Kinder von Einwanderern an der Grenze zu Mexiko von ihren Eltern zu trennen. Bei den Demokraten ist er verhasst. Auch der texanische Senator Ted Cruz lobte Yang. Dieser sah sich zu einem Statement genötigt: Er werde niemals um die Unterstützung dieser Männer bitten, und er wolle sie auch nicht.

Was Miller und Cruz angetrieben hat, ist nicht ganz klar. Es ist möglich, dass sie tatsächlich, wie Yang vermutet, schlicht Gefallen daran gefunden haben, den demokratischen Wahlkampf in New York zu sabotieren. Als Yang sich 2019 darum bewarb, Kandidat der Demokraten bei den Präsidentschaftswahlen zu werden, trat er unter anderem für ein bedingungsloses Grundeinkommen ein. Das ist sicherlich keine republikanische Position. Vielleicht ist das Lob allerdings tatsächlich ehrlich gemeint, denn sowohl Yang als auch Adams gehören zum konservativeren Flügel der Demokraten. Der Rest der demokratischen Bewerber in New York ist progressiver.

NYC Mayoral Candidate Kathryn Garcia Holds Press Conference On Senior Centers

Kandidatin Kathryn Garcia im Mai. Sie war Leiterin von New York Citys Amt für Stadtreinigung.

(Foto: SPENCER PLATT/AFP)

Das Feld der offiziellen Kandidaten umfasst derzeit noch 13 Personen. Realistische Chancen haben davon außer Yang und Adams lediglich drei. Kathryn Garcia hat bis Ende des vergangenen Jahres das Amt für Stadtreinigung in New York geleitet. Die New York Times hat eine Wahlempfehlung für sie ausgesprochen, seither klettert sie in den Umfragen. Scott Stringer ist Chef des New Yorker Rechnungshofs. Er lag gut im Rennen, bis Vorwürfe der sexuellen Belästigung gegen ihn auftauchten. Maya Wiley schließlich ist Bürgerrechtsanwältin und Professorin für Stadtpolitik und war einige Jahre lang eine der wichtigsten Beraterinnen von Bill de Blasio.

Der Rest des Feldes dürfte chancenlos sein, auch wenn der afroamerikanische Rapper und Aktivist Paperboy "Love" Prince vor einigen Wochen im Gespräch mit der SZ sagte: "Ich sehe ehrlich gesagt überhaupt nicht, wie wir verlieren könnten. Wir gewinnen zu 100 Prozent, und ich werde der nächste Bürgermeister von New York sein." Derzeit kommt er in Umfragen auf ein Prozent der Stimmen. Aber immerhin hat er das Feld etwas aufgemischt mit einer Kampagne, in der er unter anderem, völlig ernst gemeint, die Errichtung von Liebeszentren in der ganzen Stadt vorschlug. Manchmal drückte er seinen Konkurrenten Torten ins Gesicht.

Das drängendste Problem ist die Obdachlosigkeit

Auch wenn Paperboy Prince wohl nicht der nächste Bürgermeister von New York wird, ist es derzeit eher wahrscheinlich, dass, wer auch immer die Vorwahlen gewinnt, nicht weiß sein wird. Andrew Yang ist Sohn taiwanesischer Einwanderer. Eric Adams und Maya Wiley sind Afroamerikaner. Bisher hatte New York erst einen nicht-weißen Bürgermeister: Der Afroamerikaner David Dinkins regierte von 1990 bis 1993.

Das wohl drängendste Problem der Stadt ist die Obdachlosigkeit. Nach Angaben der Hilfsorganisation Bowery Mission haben fast 80 000 Menschen in New York kein festes Dach über dem Kopf. Etwa 4000 schlafen den Angaben zufolge auf den Straßen. Bill de Blasio war mit dem Versprechen angetreten, dieses Problem zu lösen. Daran ist er gescheitert.

Umfragen zufolge sind die wichtigsten Themen im Wahlkampf dennoch öffentliche Sicherheit und Verbrechensbekämpfung. So erklärt sich, dass der ehemalige Polizist Eric Adams mittlerweile so gut im Rennen liegt. Zunächst schien der Unternehmer Yang uneinholbar zu sein, doch wenn jetzt gewählt würde, gewänne Adams den Umfragen zufolge knapp.

Das hat auch mit dem neuen Wahlsystem zu tun. Erstmals wird die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister in einer Rangfolgewahl bestimmt, was bedeutet, dass die Wählerinnen und Wähler fünf Kandidaten auswählen und auf ihre persönlichen Plätze eins bis fünf verteilen können. Gäbe es lediglich eine Stimme, läge Yang knapp vor Adams. In der Akkumulation aller Stimmen liegt Adams vorn.

Wer die demokratischen Vorwahlen im Juni und anschließend wohl auch die Bürgermeisterwahl im November gewinnt, darf sich darauf einstellen, dass es mit dem Lob aus dem rechten Lager dann vorbei ist. Dass die Heimatstadt von Donald Trump, geboren 1946 im Stadtteil Queens, in demokratischer Hand bleibt, ist nicht nur dem ehemaligen Präsidenten, sondern auch seinen Anhängern in Wahrheit ein steter Quell des Ärgers.

Zur SZ-Startseite

SZ PlusUSA
:"New York ist eben doch unzerstörbar"

Im vergangenen Jahr wurden viele Abgesänge auf New York verfasst: Die Stadt sei am Ende, kaputt, tot. Von wegen. Unterwegs mit einem Makler, der gerade heulen könnte vor Glück.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: