Süddeutsche Zeitung

Neues Video aufgetaucht:Bin Laden will Amerikaner zum Islam bekehren

Sechs Jahre nach den Anschlägen vom 11. September 2001 liegt der US-Regierung ein neues Video des Al-Qaida-Chefs vor. Darin droht Bin Laden nicht mit neuen Anschlägen, sondern fordert die Amerikaner auf, Muslime zu werden.

Die neue Videobotschaft von Al-Qaida-Führer Osama bin Laden zum Jahrestag der Anschläge vom 11. September 2001 enthält keine offenen Drohungen mit neuen Attacken.

Wie US-Fernsehsender am Freitag unter Berufung auf eine Abschrift der Aufzeichnung berichteten, kritisiert der Terroristenanführer vielmehr ausführlich den Irak-Krieg, prangert insbesondere US-Präsident George W. Bush an, aber auch das Verhalten der Demokraten, die sich nach seinen Worten nicht genügend gegen den Irak-Kurs zur Wehr setzten.

Nach Informationen der Nachrichtenagentur Reuters, die sich über Internet Zugang zum Video verschaffte, bezeichnet bin Laden die USA in dem Video als weiterhin verwundbar. "Obwohl Amerika die größte Wirtschaftsmacht ist und das schlagkräftigste und modernste Militärarsenal hat, waren 19 junge Männer in der Lage, die Richtung des Kompasses (der USA) zu ändern", sagt bin Laden angeblich auf dem Video.

"Ich lade Euch ein, den Islam anzunehmen"

In der Aufzeichnung ruft bin Laden unter anderem das amerikanische Volk auf, zum Islam überzutreten. Er wirft der US-Bevölkerung vor, große Fehler begangen zu haben. Zu den größten gehöre es, "nicht jene bestraft zu haben, die diesen Krieg begonnen haben, sogar auch nicht den gewalttätigsten der Mörder, (Exverteidigungsminister Donald Rumsfeld...).

Es gebe zwei Möglichkeiten, den Krieg zu beenden, heißt es weiter. "Eine liegt auf unserer Seite, und sie liegt darin, die Kämpfe gegen euch und das Töten zu eskalieren....Die zweite Lösung liegt bei euch...Ich lade euch ein, den Islam anzunehmen."

Die Aufzeichnung enthält den US-Medienberichten zufolge zahlreiche Bezüge zu politischen Entwicklungen in diesem Sommer wie etwa die Führungswechsel in Großbritannien und Frankreich. Das deute darauf hin, dass die Botschaft erst vor kurzem entstanden sei.

Experten von Echtheit überzeugt

Die Stimme von Terrorchef Osama bin Laden auf seiner neuesten Videobotschaft zum Jahrestag der Terroranschläge vom 11. September 2001 wird von amerikanischen Geheimdienstexperten als echt eingestuft. "Die erste technische Analyse des Videobandes lässt annehmen, dass es tatsächlich die Stimme von Osama bin Laden ist", sagte am Freitagabend ein Geheimdienstexperte in Washington, der namentlich nicht genannt werden wollte.

Erste Botschaft seit drei Jahren

Es war das erste Video seit drei Jahren, in dem bin Laden zu sehen ist. Der Terroranführer wirkt in der Aufnahme gesundheitlich etwas angeschlagen. Sein vormals grau melierter Bart ist schwarz gefärbt.

Das Video wurde in einem geschlossenen Raum aufgenommen, und nicht in einer Berglandschaft wie frühere Videos, in denen der al-Qaida-Führer stets mit einer Waffe zu sehen gewesen war.

Auf den Bildern trägt bin Laden nach Reuters-Angaben weiße und cremefarbene Gewänder und einen weißen Hut. Er sitzt an einem Tisch. Vor ihm hängt ein Banner, auf dem in englischer Sprache steht: "Eine Nachricht von Scheich Osama bin Laden an das amerikanische Volk." Es ist unklar, wann die Aufnahmen entstanden. Auch die Echtheit des Bandes konnte zunächst nicht überprüft werden. Die Bilder bin Ladens entsprachen jedoch einem Standfoto, das auf einer islamistischen Internetseite veröffentlicht worden war.

CIA warnt vor neuen Anschlägen

Die amerikanische Regierung bekräftigte ihre Linie im Kampf gegen al-Qaida. Die Gefangennahme und Tötung bin Ladens sei von "höchster Priorität", sagte die Beraterin für Innere Sicherheit von Präsident George W. Bush, Frances Townsend. Sie nannte die Videobotschaft bin Ladens eine Propaganda, mit der die US-Bürger terrorisiert werden sollten. Nach Angaben des Heimatschutzministeriums stehen keine Anschläge unmittelbar bevor.

Der US-Geheimdienst CIA hat dagegen vor Anschlägen gewarnt. Die Führung des Terrornetzwerks plane Attentate mit "massenhaften Opfern, dramatischer Zerstörung und erheblichen wirtschaftlichen Auswirkungen", sagte CIA-Direktor Michael Hayden am Freitag.

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dpa, Reuters
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