Neues Umgangsrecht für Väter:Dabei sein

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Mehr Zeit mit ihren Kindern: Für Väter könnte sich ab Samstag viel ändern

(Foto: Arno Burgi/dpa)

Ein Erzeuger ist nicht gleich ein Vater. Aber von Samstag an bekommen Männer, die nur biologisch, aber nicht rechtlich Vater eines Kindes sind, mehr Rechte: Dann tritt ein neues Umgangsrecht in Kraft, das ihnen einen Anspruch auf Besuche zusichern soll. Doch bis es so weit ist, müssen die Männer einige Hürden nehmen.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Die unverheirateten Väter gehören, wenigstens auf dem Papier, zu den Gewinnern der zu Ende gehenden Legislaturperiode. Im Mai wurde ihr Sorgerecht gestärkt. Und an diesem Samstag tritt das neue Umgangsrecht für leibliche Väter in Kraft. Erstmals können sie gelegentliche Besuche auch dann einklagen, wenn sie zuvor keinerlei Kontakt zu dem Kind hatten. Zumindest in der Theorie - mit der praktischen Umsetzung wird die Justiz noch zu kämpfen haben: "Das wird richtig schwierig", prognostiziert Isabell Götz, Sprecherin des Deutschen Familiengerichtstags.

Früher konnte der Erzeuger, wenn er rechtlich nicht als Vater anerkannt war, nur dann ein Umgangsrecht beanspruchen, wenn er zuvor bereits eine enge persönliche Beziehung zu dem Kind aufgebaut hatte. Das hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Dezember 2010 beanstandet - weil ein Vater, dem jeglicher Kontakt von vornherein verwehrt wurde, damit praktisch rechtlos war. Der damals entschiedene Fall macht zudem plausibel, warum solche Kontakte wichtig sein können: Die Mutter hatte sich vor der Geburt ihrer Zwillinge vom leiblichen Vater getrennt, einem Nigerianer. Wegen seiner Herkunft, empfahl ein Gutachter, könne ein Umgangsrecht auch im Interesse der Kinder liegen.

Die erste Hürde des neuen Gesetzes: Der leibliche Vater muss ein "ernsthaftes Interesse" an dem Kind gezeigt haben. Dies festzustellen, wird nicht leicht für die Gerichte. Laut Gesetzesbegründung könnte zum Beispiel der Wunsch, die Mutter zur Vorsorgeuntersuchung oder gar zur Entbindung zu begleiten, für ernsthaftes Interesse sprechen - was etwa für frisch getrennte Paare eher lebensfremd klingt. Und was, wenn der Mann bei der ihm unvertrauten Familie ständig vor der Tür steht und den Nachwuchs zu sehen wünscht: Ist er dann ein besorgter Vater oder ein Störenfried?

Die soziale Familie im Auge haben

Entscheidendes Kriterium des neuen Gesetzes ist das Wohl des Kindes; es hat nach den Worten von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) "oberste Priorität". Mit diesem Begriff haben die Familiengerichte zwar Erfahrung, doch werden sie beim reformierten Umgangsrecht auf ungewohnte Konstellationen treffen. Und zwar deshalb, weil das Kind ja oft bereits in einer Familie mit einem rechtlich anerkannten Vater lebt. Der Erzeuger platzt also mit seinem Anspruch auf Umgang womöglich in eine stabile und funktionierende Familiengemeinschaft hinein.

Eine Situation, in der - Stichwort Seitensprung - unter Umständen weder das Kind noch der Vater weiß, dass es irgendwo noch einen biologischen Vater gibt. Hat im Zweifel der Familienfriede Vorrang? Oder sollen die Richter - weil Schweigen ohnehin selten ewig hält - lieber gleich für klare Verhältnisse sorgen? "Bei der Prüfung des Kindeswohls müssen die Gerichte immer auch die soziale Familie im Auge haben", sagt Isabell Götz.

Dass auch in Zukunft der biologische Vater nicht automatisch den Vorrang haben wird, darauf deutet ein wenige Wochen alter Beschluss des Bundesverfassungsgerichts hin. Der mutmaßliche Erzeuger eines Kindes wollte einen Abstammungstest durchsetzen. Das inzwischen sechsjährige Mädchen lebt bei den Eltern und hat keine Ahnung, dass ihr Papa nicht ihr leiblicher Vater sein könnte. Das Oberlandesgericht Koblenz gab dem Kläger recht, doch Karlsruhe stoppte den Gentest, obwohl das neue Umgangsrecht immerhin schon durch den Bundestag war. Das Gericht machte deutlich, dass hier Grundrechte des Kindes im Spiel sind: Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung schütze vor der Preisgabe von Daten zu genetischen Merkmalen. Das neue Umgangsrecht gewährt zwar einen Anspruch auf den Gentest - aber, so lässt sich der Beschluss verstehen, nicht um jeden Preis.

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