Neues Parlament in Japan:Unterhaus wählt Abe zum Regierungschef

Shinzo Abe neuer Ministerpräsident Japans

Shinzo Abe ist zum zweiten Mal Ministerpräsident Japans.

(Foto: dpa)

Japan hat einen neuen Ministerpräsidenten: Das japanische Parlament hat Shinzo Abe mit großer Mehrheit ins Amt gewählt - bereits zum zweiten Mal. Um Japan aus der Krise zu führen, setzt Abe auf rechtskonservative Politik, einen harten Kurs gegenüber China - und eine Rückkehr zur Atomkraft.

Das japanische Parlament hat Shinzo Abe erneut zum Ministerpräsidenten gewählt. Abe, der seine konservative Liberaldemokratische Partei (LDP) bei der Parlamentswahl am 16. Dezember an die Macht zurückführte, ist damit der siebte Regierungschef in Japan innerhalb von gut sechs Jahren.

Gemeinsam mit dem kleineren Partner, der Komeito-Partei, verfügt die LDP über eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Unterhaus. In der Sondersitzung des Parlaments stimmten 328 von 478 Abgeordneten für Abe. Der 58-Jährige war von 2006 bis 2007 schon einmal Regierungschef. "Ich möchte aus der Erfahrung meiner früheren Regierungszeit lernen, auch aus den Rückschlägen", sagte Abe vor Journalisten.

Im Wahlkampf hatte sich Abe mit einer rechtskonservativen, nationalistischen Rhetorik profiliert, nicht zuletzt im Streit mit China um die in Japan "Senkaku" und in China "Diaoyu" genannten Inseln im Ostchinesischen Meer. Im Namen der "Realpolitik" kündigte Abe inzwischen aber an, Emissäre zu Verhandlungen nach China schicken zu wollen - ebenso wie nach Südkorea, das mit Japan ebenfalls in einen Territorialstreit verwickelt ist.

Zurück zum Atom

Auch die Abschaltung fast aller Atomreaktoren als Folge der Fukushima-Katastrophe im März 2011 könnte unter Abe rückgängig gemacht werden. Japan befindet sich bereits zum vierten Mal seit der Jahrtausendewende in einer Rezession. Zudem leidet das Land unter einer hartnäckigen Deflation, einer Spirale aus fallenden Preisen und sinkender Investitionsbereitschaft. Hinzu kommen die teuren fossilen Energieträger, die seit Fukushima importiert werden. Anders als die abgewählte Demokratische Partei (DPJ) unter Regierungschef Yoshihiko Noda steht Abes LDP auch deshalb weiter eindeutig hinter der Atomkraft.

Als Credo für seine politische Agenda gab Abe eine Gleichung an: "Wiederaufbau + wirtschaftlicher Aufschwung + Bildungsreform + Wiederbelebung der Diplomatie + Rückkehr der Sicherheit = neues Japan." Das Land, das er formen will, stellt er sich vor als "stark, florierend, wo die Menschen sich glücklich schätzen können, Japaner zu sein". Oberste Priorität in der Außenpolitik soll das Bündnis mit den USA besitzen. So soll ihn seine erste Auslandsreise im Amt diesmal nicht wie 2006 nach China, sondern nach Washington führen.

Inhaltlich präsentiert sich Abe seit jeher konservativ. Schon in jungen Jahren forderte er, die pazifistische Verfassung Japans zu überarbeiten. Den Schülern Japans will er mehr Patriotismus vermitteln. Zudem will er weiterhin dem Yasukuni-Schrein, an dem auch Kriegsverbrecher geehrt werden, Besuche abstatten.

Neues Kabinett aus alten Weggefährten

Im Anschluss an die Wahl stellte Abe das neue Kabinett vor, mit dem er seine konservative Politik umsetzen will. Darin sind vor allem enge Gefolgsleute vertreten. Der frühere Regierungschef Taro Aso, der von 2008 bis 2009 amtierte, soll als sein Stellvertreter und Finanzminister für die Ankurbelung der Wirtschaft sorgen.

Zum Außenminister bestimmte der neue Regierungschef Fumio Kishida, der ihm früher bereits als Staatsminister für die Entwicklung der Insel Okinawa gedient hatte. Neuer Verteidigungsminister ist Itsunori Onodera - unter Abe und seinem Nachfolger Yasuo Fukuda war er bereits stellvertretender Außenminister.

An der Spitze des Justizressorts steht Sadakazu Tanigaki, der Chef der LDP, der früher einmal Finanzminister war. Das Ministerium für Wirtschaft, Handel und Industrie übernimmt Toshimitsu Motegi. Zusammen mit dem Minister für Umwelt und atomare Sicherheit, Nobuteru Ishihara, wird er fast zwei Jahre nach der Erdbeben- und Atomkatastrophe von Fukushima unter anderem eine zukunftsweisende Energiepolitik entwickeln müssen.

Experten zeigten sich angesichts der Kabinettsliste skeptisch, ob es sich um einen wirklichen politischen Neuanfang handelt. "Es sind alles LDP-Rechtsaußen und enge Freunde Abes", sagte Professor Koichi Nakano von der Sophia-Universität. "Das sieht nicht wirklich frisch aus."

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