Neues Konzept der Sicherungsverwahrung:Spieleabende und Kochgruppen

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52 Menschen befinden sich zurzeit in Freiburg in Sicherungsverwahrung, der jüngste ist 30 Jahre alt, der älteste 70. Durchschnittsalter: 51. Vollzugsleiter Thomas Gorzel sagt: "Im Grunde sind wir ein Mehrgenerationenhaus." Die meisten Insassen sind wegen Sexualdelikten hier, gefolgt von Gewaltverbrechen. Die einzige Frau, die in Baden-Württemberg in Sicherungsverwahrung ist, lebt in der JVA Schwäbisch Gmünd.

"Bei einigen haben wir es mit schweren Persönlichkeitsstörungen zu tun", sagt der Freiburger Anstaltsleiter Thomas Rösch, seit 24 Jahren ist er im Amt. Als er den neuen Hof für die Sicherungsverwahrten herzeigen will, brüllt ein halbes Dutzend Insassen Schmähungen nach unten: "Alles Lüge!" Die Liegestühle und Grünflächen im Hof verlieren sich noch ein wenig zwischen reichlich Beton.

Im Gebäude sieht es zunächst nicht viel anders aus als drüben im Gefängnis, ein bisschen mehr nach Krankenhaus vielleicht. Hier gibt es allerdings keine "Hafträume", sondern "Zimmer". Und in den Zimmern mehr Freiheit bei der Gestaltung: Die Sicherungsverwahrten dürfen eigene Möbel mitbringen und sich an die Wand hängen, was sie wollen, Fußballposter, Filmplakate und auch Bilder von spärlich bekleideten Damen. Alle haben einen Fernseher. Die Zimmer sind mit 15 Quadratmetern fast sechs größer als eine Zelle; die Toilette ist nicht bloß durch einen Schamvorhang abgetrennt, sondern durch eine Tür. Den Tag über dürfen sich die Insassen in ihrer Abteilung frei bewegen, es gibt Spieleabende und Kochgruppen.

Kritiker sprechen von "Wohlfühlprogramm"

Die Besuchszeiten sind von einer auf zehn Stunden pro Monat ausgeweitet, die Arbeitsvergütung pro Tag von 11 Euro 64 auf 20 Euro 70 erhöht. Jeder Sicherungsverwahrte hat Anspruch auf vier begleitete Ausführungen im Jahr. Für das bessere Therapieangebot sorgen in Freiburg acht neue Stellen für Psychologen, Sozialarbeiter und Arbeitstherapeuten.

Kritiker sagen, da werde Kriminellen für viel Geld ein "Wohlfühlprogramm" geboten: Ein Strafgefangener kostet das Land 110 Euro täglich - ein Sicherungsverwahrter mehr als das Doppelte. Minister Stickelberger hat für diese Vorwürfe kein Verständnis: Hinter weißen Gitterstäben, sagt er, bleibe das Wohlfühlen immer eine schwierige Sache.

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