Neues Konzept der Sicherungsverwahrung:Hotel hinter Gittern

Lesezeit: 3 min

Sicherheitsverwahrung in der JVA Freiburg

Ein Mann steht in der Justizvollzugsanstalt in Freiburg im Block der Sicherheitsverwahrten vor einem vergitterten Fenster.

(Foto: dpa)

Keine Zellen, sondern Zimmer: Baden-Württemberg hat als eines der ersten Länder das neue Konzept der Sicherungsverwahrung umgesetzt. Der Justizminister ist stolz, doch im Alltag wird es trotzdem Probleme geben.

Von Roman Deininger, Freiburg

Rainer Stickelberger steht vor einem Sofa, schwarzes Leder, ein Riesending, eigentlich muss man von einer Sofalandschaft sprechen. Der baden-württembergische Justizminister nickt zufrieden, er sagt: "Da gibt es Hotels, die haben so was nicht." Es gibt auch Hotels, die haben keine Dartscheibe im Freizeitraum, keine schicken Holztische und keine sehr passable Zeitschriftenauswahl darauf. Und schon gar keine makellos senkrecht gewachsene Riesenpalme. Ziemlich vielen Hotels geht natürlich noch etwas anderes ab: die weißen Gitterstäbe vor den Fenstern.

Ein Aprilnachmittag in der altehrwürdigen Justizvollzugsanstalt Freiburg. Das Gefängnis liegt mitten in der Stadt, die fünf Backsteinflügel stechen aus dem runden Zentralbau heraus wie die Zacken eines Sterns. Draußen beginnt endlich der Frühling, drinnen eine neue Zeitrechnung der Sicherungsverwahrung in Deutschland. SPD-Mann Stickelberger ist in den Breisgau gekommen, um einen frisch umgebauten Trakt der JVA zu präsentieren, mit dem der Südwesten im bundesweiten Vergleich mal wieder recht weit vorne liegt.

Als eines der ersten Länder hat Baden-Württemberg jenes neue Konzept der Sicherungsverwahrung umgesetzt, das das Bundesverfassungsgericht im Mai 2011 gefordert hatte. Das Gericht beanstandete damals, dass sich die Unterbringung von Sicherungsverwahrten zu wenig von der normalen Gefängnishaft unterscheide. Wer in Sicherungsverwahrung kommt, hat seine Freiheitsstrafe ja bereits verbüßt. Er wird nur deshalb nicht entlassen, weil er weiterhin als Gefahr für die Allgemeinheit gilt.

Eine Länderarbeitsgruppe hat in den Jahren 2011 und 2012 einen Grundlagenentwurf erarbeitet, wie Sicherungsverwahrte gemäß des Karlsruher Urteils besser behandelt werden können. Vor allem sollen die Betroffenen räumlich vom regulären Strafvollzug getrennt werden, mehr Komfort erhalten und eine intensivere Betreuung. Die entsprechenden Gesetze der Länder treten zum 1. Juni in Kraft.

Im Gefängnis, aber anders

Mit den Gesetzen ist es freilich nicht getan: Um die Vorgaben umsetzen zu können, sind in den von den Ländern für die Unterbringung ausgewählten JVAs Neu- oder zumindest Umbauten nötig. Vielerorts sind die Projekte aber hinter dem Zeitplan zurück. Bayern errichtet gerade in Straubing für 26 Millionen Euro ein neues Gebäude für bis zu 84 Sicherungsverwahrte, es soll auf den letzten Drücker fertig werden. Nordrhein-Westfalen baut in Werl, die Fertigstellung ist erst 2015 geplant.

Einige Länder haben sich für gemeinsame Einrichtungen entschieden: Rheinland-Pfalz kooperiert mit dem Saarland, Hessen mit Thüringen. Und in Baden-Württemberg ist Minister Stickelberger "stolz", dass die Sicherungsverwahrten schon vor dem Stichtag in ein komplett umgestaltetes Gebäude ziehen konnten. Das befindet sich zwar innerhalb der Gefängnismauern, hat aber einen eigenen Eingang.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema