Neues BND-Gesetz:BND bekommt eine Lizenz zum Datensammeln

Am Freitag wird die BND-Reform beschlossen. Statt Grenzen zu ziehen, legalisiert die große Koalition dabei Mauscheleien der Vergangenheit - und macht den Dienst mächtiger als je zuvor.

Analyse von Thorsten Denkler, Berlin

Für den BND ist am Ende alles noch mal gutgegangen. Etwas über drei Jahre, nachdem im Sommer 2013 der US-Whistleblower Edward Snowden das weltweite Schnüffelnetz der Geheimdienste offenlegte, wird an diesem Freitag im Bundestag das reformierte BND-Gesetz verabschiedet. Und zugleich auch eine neues Geheimdienst-Kontroll-Gesetz. Denn es waren, das hat der NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages schnell gezeigt, nicht nur die Amerikaner, die alle Grenzen überschritten haben auf der Jagd nach Daten. Auch der Bundesnachrichtendienst hat ordentlich mitgemischt, hat Gesetze gedehnt und gebogen, dass es hätte quietschen und krachen müssen. Hat es vielleicht auch. Nur hören wollte das niemand. Bis Snowden kam.

Trotz dieser Vorgeschichte dürfte der Freitag für den Bundesnachrichtendienst nun ein Tag zum Feiern sein. Glimpflich davongekommen wäre eine maßlose Untertreibung: Die neuen Gesetze legalisieren schlicht vieles von dem, was der BND bisher auch ohne klare Rechtsgrundlage ohnehin schon macht. Es gibt - auf dem Papier - etwas mehr Schutz für Inländer und Ausländer, die im Ausland vom Inland aus abgehört werden. Zugleich darf der BND aber künftig vom Inland aus gleich ganze Netze durchstöbern und nicht nur einzelne Leitungen.

Zu den vielen Skandalen, die Anlass der Reform waren, gehörte, dass der BND - der ausschließlich für die Auslandsaufklärung zuständig ist - auch deutsche Diplomaten im Ausland auf der Horchliste hatte. Der BND hat zudem europäische Konzerne mit deutscher Beteiligung ausgeforscht wie etwa Airbus oder EADS. Er hat mehr oder minder ungeprüft Suchbegriffe, sogenannte Selektoren, der amerikanischen Kollegen auf seinen Analyserechnern laufen lassen.

Der BND saugt täglich Terabytes von Metadaten aus dem Netz. Das sind Daten, mit denen eine E-Mail oder eine Internet-Anruf ihre Empfänger finden. Vergleichbar mit der Adresse auf dem Brief. Aber diese Metadaten sind oft noch viel wertvoller für die Geheimdienste. Weil sie mit ihnen Bewegungs- und Sozialprofile einzelner Menschen erstellen können. Eine schlichte Mobilfunknummer reicht, um den Besitzer des dazugehörigen Mobiltelefons zu einer Zielscheibe im US-amerikanischen Drohnenkrieg zu machen. Der BND gibt bereits heute Monat für Monat 1,3 Milliarden Metadaten an die NSA weiter. Und hofft, dass die schon nichts Schlimmes damit anstellen wird.

Statt diese Datenflut einzudämmen, war es von Anfang an das oberste Ziel der Innenpolitiker der großen Koalition, den BND in seiner Handlungsfähigkeit auf keinen Fall zu beschneiden. Das ist ihnen mit dem neuen Gesetz hervorragend gelungen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: