Neuer Weg in der Verbrechensbekämpfung:Fahrverbot für Diebe und Gewalttäter

Neue Strafmöglichkeit für die deutschen Gerichte: Mehrere Bundesländer wollen künftig auch Taten, die keine Verkehrsdelikte sind, mit Führerschein-Entzug als Hauptstrafe ahnden. Doch die FDP hat große Vorbehalte.

Johannes Boie

Mehrere Bundesländer wollen künftig auch Taten, die keine Verkehrsdelikte sind, mit Fahrverboten ahnden. Damit könnten etwa auch Diebe oder Gewalttäter mit dem befristeten Entzug des Führerscheins bestraft werden. Auf der Justizministerkonferenz in Hamburg soll am Donnerstag über einen entsprechenden Vorschlag des Landes Niedersachsen abgestimmt werden. Dieser wird bereits von mindestens der Hälfte der Justizminister befürwortet.

Gültige Führerscheine, 1998

Wenn die Haftstrafe zu viel und die Geldstrafe zu wenig ist: Der vorübergehende Führerschein-Entzug soll künftig eine Hauptstrafe werden, die auch auf Taten angewendet werden kann, die keine Verkehrsdelikte sind.

(Foto: Norbert Försterling/dpa)

Gleichzeitig sollen Fahrverbote von einer Neben- zu einer Hauptstrafe aufgewertet werden. Der Führerschein-Entzug soll künftig also auch ohne Geld- oder Haftstrafe verhängt werden können. Der Vorstoß kommt von Niedersachsens Justizminister Bernd Busemann (CDU). Er sagte, das Instrumentarium für Richter müsse erweitert werden, denn in vielen Fällen sei "eine Haftstrafe zu viel und eine Geldstrafe zu wenig."

Der Vorschlag wurde bereits auf dem Vorbereitungstreffen des Länder Strafrechtsausschusses vergangenen Mittwoch diskutiert und von einer knappen Mehrheit befürwortet. Stimmen die Minister ihm zu, könnte daraus eine Gesetzesinitiative im Bundesrat entstehen.

Zustimmung wird bereits in der Regierung signalisiert. Die Rechtsexpertin der CDU im Bundestag, Andrea Voßhoff, sagte, Führerschein-Entzug könne eine "angemessene Reaktion" sein: "Mobilität hat eine hohe Bedeutung in unserer Gesellschaft." Die Strafe könne deshalb starke Wirkung auf den Täter haben.

Gegenwind kommt dagegen aus FDP- und SPD-geführten Behörden und Ländern. Berlins Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) unterstützt zwar die Aufwertung des Führerschein-Entzugs von der Neben- zur Hauptstrafe, sie sagte aber auch: "Ich verspreche mir keinen Nutzen von einem Fahrverbot, das nicht im Zusammenhang mit einem Verkehrsdelikt steht."

Ungleiche Strafe?

Die inhaltliche Entkoppelung von Tat und Strafe wurde auch von Peter Danckert, dem Rechtsexperten der SPD-Bundestagsfraktion, und vom Justizminister Baden-Württembergs, Ulrich Goll (FDP), kritisiert. Dieser sagte weiter, die Strafe des Führerschein-Entzugs sei "ungleich", je nachdem wo ein Täter wohne und wie dringend er sein Auto benötige. Christian Ahrendt, Rechtsexperte der FDP-Fraktion im Bundestag, sagte, wenn ein Täter auf sein Auto angewiesen sei, könnte die Strafe seine Resozialisierung verhindern.

Niedersachsens Justizminister Bernd Busemann wies die Kritik zurück: Werde sein Vorschlag umgesetzt, erhielten die Richter mehr Wahlfreiheit bei der Festsetzung von Strafen. Sie blieben aber unabhängig. "Einem Lkw-Fahrer wegen eines kleinen Deliktes den Führerschein wegzunehmen, wäre unverhältnismäßig", sagte er. "Aber einen Discoschläger, der sein Auto als Statussymbol sieht, so zu bestrafen, könnte sinnvoll sein." Auch Hamburgs Justizsenator Till Steffen (Grüne) fordert, Richtern künftig viel mehr Strafen zur Verfügung zu stellen, zum Beispiel gemeinnützige Arbeit.

Anders als beim "Entzug der Fahrerlaubnis" erhält ein Verurteilter beim Fahrverbot oder "Führerschein-Entzug" seinen Schein nach einer bestimmten Zeit zurück, ohne erneut eine Fahrschule zu besuchen. Bisher müssen Straftaten mit einer Autofahrt in Verbindung stehen, um eine dieser beiden Sanktionen zu rechtfertigen. Die Idee, die Strafe des Führerschein-Entzugs auch auf andere Delikte auszuweiten, ist nicht neu: Bereits 1992 erhob der Juristentag eine ähnliche Forderung, 2008 war ein entsprechendes Gesetz bereits im Bundesrat beschlossen, im Bundestag dann aber nicht verabschiedet worden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: