Neuer Wahlkampfschlager: Plakate spenden:Wähle deine Wand

Den Nachbarn ärgern mit einem Gysi-Plakat vor der Haustür? Die Parteien machen es möglich. Plakatspenden sind ein Überraschungserfolg.

Michael König, Berlin

Tom Aurnhammer sagt, er habe in den Atomausstieg investiert. Und vielleicht auch darin, eine schwarz-gelbe Koalition zu verhindern. Ganz nebenbei hat er sich den Weg zum Supermarkt verschönert. Das war ihm die 135 Euro wert.

Neuer Wahlkampfschlager: Plakate spenden: Auch eine Art, in den Atomausstieg zu investieren - immer mehr Bürger spenden Wahlplakate. Nicht nur für die Grünen.

Auch eine Art, in den Atomausstieg zu investieren - immer mehr Bürger spenden Wahlplakate. Nicht nur für die Grünen.

(Foto: Foto: dpa)

Der 42 Jahre alte Familienvater aus Georgensgmünd bei Nürnberg hat das Geld den Grünen gespendet - damit sie ein Plakat aufhängen. Sein Plakat. Gut 3,50 Meter breit und 2,50 hoch. Darauf sind Atommüllfässer zu sehen. Und der Slogan: "Schwarz-Gelb - Nein, Danke."

Es wird ab dem 11. September elf Tage lang an einem Kreisverkehr zu sehen sein, so hat es Aurnhammer gewollt. Es ist der Weg, den er zum Einkaufen nimmt. Oder um seinen Sohn zum Kindergarten zu bringen. Er kann ihm dann sagen: Das steht wegen mir da.

Der Spender bestimmt Motiv und Standort

Plakatspenden sind der Überraschungserfolg unter Wahlkampfmitteln. Die Grünen haben vor der Landtagswahl in Bayern 2008 damit angefangen, sich die Werbung von ihren Anhängern finanzieren zu lassen. CDU, SPD, Linke und FDP haben mittlerweile nachgezogen.

Das Prinzip: Der Spender bestimmt Motiv und Standort. Der kann auf dem Weg zu seiner Arbeit liegen. Aber auch vor dem Fenster seines reaktionären Nachbarn, damit der sich ärgert, wenn ihm jeden Morgen ein Politiker der Linken entgegenlächelt.

Die FDP geht noch einen Schritt weiter: Bei ihr können Spender ein eigenes Foto hochladen, das gemeinsam mit der Wahlkampf-Botschaft auf dem Plakat erscheint. Jedes Bild werde vor der Veröffentlichung geprüft, sagt Bundesgeschäftsführer Hans-Jürgen Beerfeltz: "Wir wollen vermeiden, dass plötzlich Oskar Lafontaine für unsere Ziele wirbt."

Das Procedere: Bei Grünen, FDP und die Linke zahlt die Partei die Druckkosten, der Spender übernimmt die Miete für die Plakatwand. Das kostet zwischen 50 und 350 Euro für zehn bis elf Tage. Die CDU berechnet pauschal: In Orten mit bis zu 15.000 Einwohnern sind es 90 Euro pro Plakat, bei Städten mit bis zu 40.000 Einwohnern 150 Euro, in größeren Städten kostet das Plakat 200 Euro.

Die Grünen bessern mit der Aktion ihren Wahlkampf-Etat auf: Knapp 2000 Plakate wurden bereits gespendet. Robert Heinrich, der bei den Grünen für den Online-Wahlkampf zuständig ist, sagt: "Es hieß immer, Online-Fundraising würde in Deutschland nicht funktionieren. Unsere Aktion beweist das Gegenteil."

FDP und Linke haben da noch nachzuholen. Sie haben jeweils knapp über 100 Plakatspenden gesammelt. SPD und CDU geben zu der Anzahl keine Auskunft.

Grünen-Sympathisant Aurnhammer hofft er jetzt auf eine "Signalwirkung" seiner Spende: "In dem benachbarten Supermarkt kaufen viele Familien ein. Vielleicht mobilisiert mein Plakat die grüne Zielgruppe, zur Wahl zu gehen."

Elf Tage bleiben ihm dafür, dann wird die Plakatwand neu beklebt. Mit einer anderen Plakatspende - oder mit Waschmittelwerbung.

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