Neuer US-Präsident:Amerikas Juristen - Helden der Anti-Trump-Bewegung

Die wirksamste Opposition gegen Trumps Dekrete kommt von Richtern und Anwälten. Nicht nur an der Yale Law School machen Juristen zahllose Überstunden.

Von Matthias Kolb, New Haven

Die zweite Woche der Amtszeit von Präsident Donald Trump hat den USA ein paar neue Promis beschert. Plötzlich verwenden Millionen selbstverständlich Namen, die zuvor nur Freunde, Familienmitglieder und Experten kannten. Sally Yates gehört ebenso zu diesen Überraschungsstars wie Bob Ferguson, Michelle Friedland und William Canby. Die größte Bewunderung erfährt jedoch der 69 Jahre alte Jurist James Robart.

Robart ist Bundesrichter in Seattle und hat eigentlich nur seinen Job gemacht: Er hat den Juristen beider Seiten zugehört und dann geurteilt, dass der von Trump erlassene Einreisebann für sieben mehrheitlich muslimische Staaten dem Bundesstaat Washington "irreparablen Schaden" zugefügt habe und daher ausgesetzt werden müsse. Seither erscheinen einerseits Dutzende lobende Porträts über ihn (auch in der SZ), andererseits sammelt ein wütender Trump-Fan Unterschriften für eine Petition, um den "machthungrigen Richter" Robart des Amtes zu entheben.

Konservative fühlen sich verraten, weil Robart vom Republikaner George W. Bush ernannt wurde - und nicht von Obama wie Übergangsjustizministerin Sally Yates oder Michelle Friedland. Sie hat am Sonntag mit ihrem Kollegen Canby den Einspruch des Weißen Hauses abgelehnt und Trump so die zweite bittere Rechtsniederlage zugeführt. Und der neue Präsident reagiert wie immer auf Rückschläge: Er macht bei Twitter jene nieder, die er für Gegner hält. So wird aus Robart ein "sogenannter Richter", der die Sicherheit des Landes gefährdet.

Diese harsche Reaktion, die sein Vize Mike Pence mit dem "Frust" des Präsidenten verteidigt und als normal darstellt, zeigt: Juristen sind momentan die wirksamste Opposition gegen Trumps Wirbelwind an Dekreten. Bob Ferguson, der Generalstaatsanwalt und Justizminister von Washington, stoppte mit einer innovativen Klage und der Hilfe von Konzernen wie Amazon, Expedia und Microsoft das Einreiseverbot - und wenige Stunden später trugen Demonstranten ein "Thank you, Bob Ferguson"-Schild am Weißen Haus vorbei.

Studenten aus Yale spielen eine wichtige Rolle bei den Klagen

Zurzeit werden US-Juristen gern mit Superhelden oder Robin Hood verglichen. Anders als Richter Robart und State Attorney General Ferguson bleiben aber jene Anwälte anonym, die auch an diesem Sonntag an den Flughäfen stehen und Rechtsberatung anbieten. Eine wichtige Rolle spielen auch Jura-Studenten wie Amit Jain und Carolyn Lipp. Beide besuchen die Law School der Elite-Uni Yale und haben mit ihren Professoren direkt nach Trumps Erlass jene Klage mitformuliert, um den irakischen Übersetzer Hameed Darweesh vor der Abschiebung zu retten. Die Brooklyner Richterin Ann Donnelly, die diesen Beschluss fällte, gehört zu den neuen liberalen Ikonen.

"Ohne die Studenten hätten wir nie so schnell reagieren und eine erfolgreiche Klage einreichen können", sagt Professor Muneer Ahmed. Er leitet die "Worker & Immigrant Rights Advocacy Clinic" (WIRAC) der Yale University, in der jedes Semester etwa 35 Studenten reale Fälle bearbeitet und für die Rechte von Arbeitern und Einwanderern kämpft. Die Motivation der Studenten, sich für die armen und marginalisierten Teile der Gesellschaft einzusetzen, sei enorm, so Ahmed.

Anders als in Deutschland machen angehende Juristen erst einen Bachelor, bevor sie sich für eine Law School bewerben können. Der 26-jährige Amit Jain arbeitete nach seinem Politik-Studium als Wahlkampfhelfer für Barack Obama und danach drei Jahre als Mathelehrer. "Ich wollte Jura studieren, um etwas gegen die Ungerechtigkeit in der Welt machen zu können", sagt Jain. Als Sohn indischer Einwanderer habe ihn Trumps Dekret sehr traurig gemacht und die Arbeit mit WIRAC sei nicht nur äußerst lehrreich, sondern gebe ihm auch ein gutes Gefühl.

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