Neuer Rechtsschutz für Patienten:Gesetzliche Krankenkassen sollen Versicherte nach Ärztepfusch unterstützen

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Tausende Menschen sterben jedes Jahr an ärztlichen Behandlungsfehlern, Millionen leiden an Folgeschäden. In Zukunft sollen in einem solchen Fall die Krankenkassen ihre Versicherten unterstützen. So sieht es ein Gesetzesentwurf der Bundesregierung vor, der die Patientenrechte völlig neu ordnet. Die Regelung soll zunächst nur für Kassenpatienten gelten.

Guido Bohsem und Charlotte Frank

Die Bundesregierung will die Rechte für Patienten völlig neu ordnen. Das sieht der Entwurf für ein Patientenrechte-Gesetz vor, welcher der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Demnach müssen die Krankenkassen künftig allen Versicherten, die Opfer ärztlicher Behandlungsfehler werden, helfen, Schadensersatzansprüche geltend zu machen. "Wir sorgen dafür, dass die Krankenkasse verpflichtet wird, den Patienten zu beraten und dabei zu unterstützen, seine Ansprüche geltend zu machen", sagte Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) im Interview der Süddeutschen Zeitung.

Nach dem Behandlungsfehler: Die Krankenkassen müssen ihre Versicherten künftig im Kampf um Schadensersatz unterstützen. (Foto: dapd)

Die Regelung soll zunächst nur für Kassenpatienten gelten. Wie die für Justiz zuständige Kabinetts- und Parteikollegin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ergänzte, handelt es sich dabei formal zwar nicht um eine Rechtsschutzversicherung, jedoch sollen die Kassen Ansprechpartner sein und Betroffene in den schwierigen medizinischen und rechtlichen Fragen beraten.

Den Entwurf für das Patientenrechte-Gesetz haben beide Minister gemeinsam erarbeitet. Es soll Anfang 2013 in Kraft treten. Im Entwurf werden zudem alle Regelungen des Patientenrechts zusammengefasst, die derzeit noch auf eine Vielzahl unterschiedlicher Gesetze verteilt sind oder die bisher nur auf Grundlage von Gerichtsentscheidungen bestehen. Diese Bündelung im Bürgerlichen Gesetzbuch erleichtere es dem Patienten, sich einen Überblick zu verschaffen und sorge damit für mehr Rechtssicherheit, sagte Leutheusser-Schnarrenberger.

Nach Berechnungen von Patientenschutzorganisationen sterben pro Jahr 17 000 Menschen an den Folgen ärztlicher Behandlungsfehler, etwa eine Million Patienten leiden an Folgeschäden. Über ein Patientenrechte-Gesetz wird seit Jahren gestritten. Die deutsche Ärzteschaft hatte sich lange dagegen gewehrt. Ausdrücklich im Gesetz festgeschrieben wird nun, dass der Arzt bei besonders groben Behandlungsfehlern verpflichtet ist, ein einwandfreies Handeln nachzuweisen.

Fehlermeldesystem in Krankenhäusern, vereinfachte Bewilligung von Hilfsmitteln

Um Fehlleistungen in Krankenhäusern vorzubeugen, wollen die beiden Minister eine Kultur schaffen, in der Fehler und auch Beinahe-Fehler eingestanden und dokumentiert werden. Kliniken, die ein solches Verhalten fördern und Teil eines Fehlermeldesystems sind, sollen dafür von den Krankenkassen besser vergütet werden. Solche Netzwerke existieren bereits und können gute Ergebnisse vorweisen. Durch den finanziellen Anreiz sollen die vorhandenen Strukturen ausgebaut und verbessert werden.

Gestärkt werden die Patientenrechte auch gegenüber den Krankenkassen. Falls eine Kasse nach drei Wochen keinen Entscheid über die Bewilligung etwa eines Hilfsmittels getroffen hat, soll es sich der Patient künftig selbst besorgen können und die Rechnung einreichen.

Viele Wünsche von Patientenschützern bleiben hingegen unerfüllt. So wollen die beiden Minister auf einen Entschädigungsfonds für besonders schwer geschädigte Opfer von Behandlungsfehlern verzichten. Dieser Fonds war von dem Patientenbeauftragten der Bundesregierung, Wolfgang Zöller (CSU), vorgeschlagen worden. Ein solches Instrument helfe nicht, weil die Haftungsfrage durch die Beziehung von Arzt und Patienten klar im Gesetz geregelt werde, sagte Leutheusser-Schnarrenberger.

© SZ vom 14.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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