Neuer Anlauf zu Nahost-Friedensplan:Hintertürchen zum Frieden

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Egal was die Palästinenser im UN-Sicherheitsrat erreichen, einen wirklichen Frieden kann es nur geben, wenn auch Israel einen palästinensischen Staat will. Im Nahost-Showdown können alle Parteien nur noch verlieren. Genau darin liegt die Chance.

Stefan Kornelius

Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas mag im UN-Sicherheitsrat die Anerkennung seines Gebietes als Staat beantragen, er mag vor die Staatengemeinschaft in der Vollversammlung ziehen und einen moralischen Sieg einfahren, der türkische Neu-Sultan Erdogan mag die Straße mobilisieren - es wird alles nicht nutzen. Einen wirklichen Frieden mit Israel kann es nur geben, wenn auch Israel diesen Frieden und auch einen palästinensischen Staat will.

Mahmud Abbas will einen Palästinenserstaat als UN-Vollmitglied - doch ohne die Anerkennung Israels kann es keinen echten Frieden geben. (Foto: dpa)

Die Anerkennungs-Kampagne der Palästinenser auf der großen Bühne der UN ist gleichwohl wichtig. Per Völker-Akklamation wird Israel bewusst gemacht, wie sehr sich seine Rolle im Nahen Osten geändert hat. Israel hat unendlich viel Unterstützung und Sympathie verspielt.

Die moralische Mehrheit der Staatenwelt, die Premier Benjamin Netanjahu immer für sein Land reklamierte, ist verschwunden. Mit seiner Hartleibigkeit hat Israel auch die USA als Garanten für seine Unantastbarkeit in die Isolation mitgenommen. Die Regierung Obama ist die große Verliererin in der internationalen Diplomatie. Im Nahen Osten ist ihr Einfluss marginalisiert.

Zu Beginn des großen Showdowns vor den Vereinten Nationen eröffnet sich dennoch eine große Chance. In Israel hat sich der Sicherheitsapparat gegen den Premier gewandt. Die Angst vor einem Flächenbrand in der Nachbarschaft wird Netanjahu zurück an den Verhandlungstisch treiben. Wenn der Premier endlich einwilligt, echte Friedensgespräche zu führen, dann werden die USA folgen.

Alle Parameter für eine politische Lösung sind formuliert: Grenzen, Sicherheit, Status von Jerusalem und Flüchtlinge. Auf der anderen Seite müssen auch die Palästinenser diese Chance erkennen. Nicht nur einmal hatten sie eine für sie günstige Konstellation hitzköpfig vergeben, dieses Mal muss es besser laufen.

Wenn Abbas also seinen Antrag auf Staatsanerkennung stellt, wenn alle Parteien sich harten und überprüfbaren Konditionen für Friedensgespräche beugen, wenn dafür ein Ultimatum gestellt würde - Ergebnisse in drei oder vier Monaten - und eine prozedurale Verzögerung der Kollision im Sicherheitsrat um exakt diese Zeit ausgehandelt werden könnte: Dann wäre dies der Beginn eines wahren Friedens in Nahost.

Keiner darf die Nerven verlieren

Ohne einen neuen Impuls sind die Aussichten für alle Parteien in diesem Konflikt düster. Abbas mag einen kurzen Triumph bei den UN auskosten, danach wird er - von den Hilfsgeldern der Saudis und der USA abgeschnitten - die Wut der enttäuschten Massen spüren. Israel wird in der Einsamkeit versinken und Gewalt an allen Grenzen erleben. Amerikas Einfluss in der übrigen arabischen Welt wird weiter schwinden. Und Europa wird sich zerstreiten über seine Unterstützung für die eine oder andere Seite.

Die Lage ist so aussichtslos für jeden einzelnen Spieler, dass nur noch Friedensverhandlungen echten Gewinn für alle verheißen. Es darf nur jetzt keiner die Nerven verlieren.

© SZ vom 19.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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