Neue Vorwürfe gegen ehemaligen Wulff-Sprecher:Glaeseker soll privates Wirtschaftstreffen mit Landesmitteln gefördert haben

War die Staatskanzlei von Wulff am "Nord-Süd-Dialog" des Veranstalters Manfred Schmidt in Niedersachsen finanziell beteiligt? Das Land hatte das stets verneint. Eine Hochschule widerspricht: Der einstige Wulff-Sprecher Glaeseker habe Studenten des Landesbetriebes als Helfer angefordert.

Am 11. Dezember 2009 herrschte ausgelassene Stimmung im Flughafen von Hannover. Gäste aus Politik und Wirtschaft feierten den "Nord-Süd-Dialog" zwischen Niedersachsen und Baden-Württemberg. Die Organisation der Party hatte der Veranstaltungsmanager Manfred Schmidt übernommen. Schirmherr war der damalige niedersächsische Landesvater und heutige Bundespräsident Christian Wulff.

Auch 44 Studenten der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) sollen anwesend gewesen sein. Aber nicht als Gäste, sondern als Helfer: Nach Angaben der Hochschule haben sie unter anderem an der Garderobe gearbeitet. Ein Sprecher der MHH bestätigte der SZ einen entsprechenden Bericht der Neuen Presse aus Hannover.

Das Brisante an der Aussage der Hochschule: Die Landesregierung hatte stets betont, nicht aktiv an der Vorbereitung des privaten Wirtschaftstreffens beteiligt gewesen zu sein. Die MHH, ein Landesbetrieb, behauptet nun das Gegenteil - und bringt den ehemaligen Wulff-Sprecher Olaf Glaeseker in Bedrängnis. Die Staatsanwaltschaft Hannover wirft Glaeseker und dem Veranstaltungsmanager Schmidt im Zusammenhang mit dem "Nord-Süd-Dialog" Bestechlichkeit beziehungsweise Bestechung vor. Es bestehe ein "Anfangsverdacht", sagte ein Sprecher der Ermittlungsbehörde, aber kein dringender Tatverdacht.

Studenten als Servicekräfte

Der Darstellung der Hochschule zufolge hatte Glaeseker wenige Wochen vor dem Nord-Süd-Gipfel persönlich einen der Präsidenten der Hochschule um personelle Unterstützung für die Veranstaltung gebeten. Die MHH verfügt über ein hausinternes Veranstaltungsmanagement mit einem Pool von studentischen Hilfskräften, die etwa bei medizinischen Kongressen als Servicekräfte eingesetzt werden. Genau diese Art von Hilfe habe Glaeseker demnach angefordert. Er sei an den Leiter der Stabsstelle Veranstaltungsmanagement der MHH verwiesen worden, mit dem er wiederum persönlich Kontakt aufgenommen habe.

Als landeseigener Betrieb sei es für die MHH selbstverständlich gewesen, der Staatskanzlei zu helfen, hieß es. Die Verantwortlichen der Hochschule seien immer davon ausgegangen, dass es sich beim Nord-Süd-Dialog um eine Veranstaltung des Landes Niedersachsen gehandelt habe. Erst aus den Medien hätten sie entnommen, dass allein Manfred Schmidt als wirtschaftlich Verantwortlicher dahintergestanden habe.

Eklat im Landtag

Pikant: Auf Nachfrage der MHH in der Staatskanzlei, an wen die Rechnung in Höhe von etwa 5000 Euro für den Einsatz der 44 studentischen Hilfskräfte zu entrichten sei, wurde der MHH beschieden, dass sie das schon selbst tragen müsse. Stimmt diese Darstellung, sind Landesmittel in ein privates Event geflossen.

Genau diesen Vorwurf formulierte am Freitag im niedersächsichen Landtag auch der Linken-Fraktionschef Hans-Henning Adler. Er kritisierte Finanzminister Hartmut Möllring von der CDU dafür, die Leistungen eines Landesbetriebs bei dem Wirtschaftstreffen wissentlich verschwiegen zu haben. Möllring wies dies zurück und drohte mit einer Strafanzeige wegen Verleumdung. Die Sitzung wurde daraufhin unterbrochen und das Thema in den Ältestenrat des Landtags verwiesen.

Wegen des Verdachts der Korruption hatten am Donnerstag Beamte von Landeskriminalamt und Staatsanwaltschaft Räume des ausrichtenden Veranstaltungsmanagers Manfred Schmidt und von Glaeseker durchsucht. Wulff hatte Glaeseker ins Präsidialamt mitgenommen, ihn mitten in seiner Kreditaffäre vor Weihnachten aber als Präsidentensprecher entlassen, ohne Gründe anzugeben.

Früheren Presseberichten zufolge soll Veranstalter Schmidt bei der Veranstaltung im Dezember 2009 Gewinn gemacht haben, weil die Sponsorengelder sich auf 685.000 Euro summiert hätten, die Kosten aber nur auf 300.000 Euro.

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