Neue Vorwürfe gegen Bischof Mixa:Ein Gespür fürs Teure

Säulensockel für den Garten, Wein für ein Kinderheim, kostbarer Schmuck: Bischof Mixa hat in seiner Zeit als Stadtpfarrer jahrelang das Geld einer Waisenhausstiftung zweckentfremdet.

Stefan Mayr

Zehn Seiten lang ist der Zwischenbericht des Ingolstädter Anwalts Sebastian Knott. Zehn Seiten lang berichtet der sogenannte Sonderermittler der Katholischen Waisenhausstiftung über Schläge im Kinderheim Schrobenhausen und über finanzielle Unregelmäßigkeiten in der Stiftung. Knott berichtet von Weinrechnungen, Geschenken an Neupriester und Kirchenteppichen, die auf Kosten des Kinderheims gekauft wurden. Und von einem Bischofsring aus Feingold, mit Insignien graviert, der 3854, 34 Mark kostete und ebenfalls von der Stiftung bezahlt wurde.

All diese Details lösen unter den Journalisten im Pfarrsaal St. Jakob Schweigen und Kopfschütteln aus angesichts einer solchen Verwendung von Stiftungsgeld, das eigentlich für benachteiligte Kinder gedacht war. Doch dann plötzlich müssen die Pressevertreter lachen.

Gespür für Kunstwerke

Es ist die Stelle, auf Seite acht, an der Sebastian Knott zitiert, wie Bischof Walter Mixa in einem Brief den Ankauf von Antiquitäten auf Rechnung des Kinderheims begründete: "Die Kinder und Jugendlichen sollten durch eine entsprechende Ausgestaltung des Hauses ein Gespür für Kunstwerke und für das Schöne entwickeln." Mit diesen Worten rechtfertigte Mixa die Anschaffung einer Marien-Ikone für 15.000 Mark, eines vermutlich gefälschten Piranesi-Stiches für 43.000 Mark und eines Kreuzes mit zwei Leuchter-Engeln für 70.500 Mark.

Die Frage, ob diese Dinge für ein Kinderheim nötig sind, lässt Knott offen. Er berichtet in seiner betont sachlichen Art lediglich, dass Mixas Nachfolger als Stadtpfarrer diese Ankäufe schon 1999 schätzen ließ. Das Ergebnis: Was für 128.500 Mark eingekauft wurde, war nur 60.000 Mark wert.

Der überteuerte Einkauf von vermeintlichen Kunstwerken ist nur einer von vielen Vorwürfen gegen Walter Mixa, den ehemaligen Stadtpfarrer von Schrobenhausen und heutigen Bischof von Augsburg. Ob Mixa oder der damalige Heimleiter für die "satzungswidrige Verwendung von Finanzmitteln" der Stiftung verantwortlich ist, lässt Knott offen.

"Die eine oder andere Watsch'n"

Fakt ist, dass Mixa von 1975 bis 1996 als Stadtpfarrer und Chef des Kuratoriums der Katholischen Waisenhausstiftung verantwortlich für die Finanzen war. Und Knott bestätigt, dass viele Rechnungen von Mixa unterschrieben wurden.

Kurz vor Knotts Pressekonferenz hat Mixa am Freitag erstmals zugegeben, dass er entgegen seiner wochenlangen Beteuerungen eben doch Heimkindern Ohrfeigen verpasste. "Ich will ganz ehrlich sagen, dass ich als langjähriger Lehrer und Stadtpfarrer im Umgang mit sehr vielen Jugendlichen die eine oder andere Watsch'n von vor zwanzig Jahren natürlich nicht ausschließen kann", heißt es in einer Pressemitteilung, die das Bistum ausgewählten Medien zusendete. "Falls es zu Ohrfeigen gekommen sein sollte, bedauere ich das heute aufrichtig."

Mixa wird von inzwischen acht ehemaligen Heimkindern vorgeworfen, er habe sie in den siebziger und achtziger Jahren geschlagen - teils mit Faust, Stock oder Teppichklopfer. Alle Betroffenen sind bereit, ihre Vorwürfe vor Gericht unter Eid zu bezeugen. Mixa bleibt jedoch bei seiner Aussage, "schwere körperliche Züchtigung hat es durch mich nie gegeben."

Sonderermittler Knott hat nach eigener Aussage zweimal vergeblich versucht, eine "Audienz" beim Bischof zu bekommen. Sein Antrag blieb zweimal unbeantwortet, beim dritten Mal wurde er an einen Münchner Anwalt verwiesen. Knott sagte: "Dieser teilte mir mit, dass der Herr Bischof sein Gesprächsangebot an die Betroffenen aufrecht erhält und bei der Aufklärung der finanziellen Ungereimtheiten behilflich sein wird."

Es gibt tatsächlich noch großen Aufklärungsbedarf bezüglich all der Rechnungen, die die Waisenhausstiftung beglichen hat. So wurden zwischen 1993 und 1996 Weine im Wert von 5386,51 Mark ans Heim geliefert. "Alkohol ist im Heim verboten", sagt Sebastian Knott. 1992 zahlte die Kinderheimstiftung 5457 Mark für Säulensockel, die im öffentlich nicht zugänglichen Pfarrgarten aufgestellt wurden.

Noch ungeklärt ist, warum Mixa 40.000 Mark an Rudolf Koletzko überwies, einen umstrittenen Strippenzieher im Vatikan. Auf dem Zahlungsträger steht: "Koletzko (diverse Wertgegenstände)." Eine Anfrage, wofür dieses Geld verwendet wurde, läuft.

"Ein Stück Feigheit"

Politiker der SPD und der Grünen haben den Bischof inzwischen zum Rücktritt aufgefordert. Auch unter den Katholiken im Bistum Augsburg wird immer mehr Kritik laut: Der Militärdekan Anton Tischinger spricht von einer "Katastrophe, die über die Kirche von Augsburg hereingebrochen" sei. Tischinger fordert von seinem Chef: "Es muss jetzt endlich von den Opfern her gedacht und gehandelt werden. Neben Reue und Umkehr erwarten wir eine Entschuldigung sowie behutsames seelsorgerliches Bemühen um die verletzten Seelen der Opfer."

Die Memminger Diözesanrätin Elisabeth Mantlik wirft Mixa "Heuchelei" vor: "Er hätte sich zu den Prügel-Vorwürfen gleich offen und ehrlich äußern sollen, auch wenn es peinlich und schmerzlich gewesen wäre", sagt die Lehrerin. "Diese Heuchelei ist unerträglich und auch ein Stück Feigheit."

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