Neue Strategie im Irak:USA erwägen Verhandlungen mit Extremisten

Vier Jahre nach der Invasion im Irak denkt Washington über einen radikalen Kurswechsel nach. Derweil berichtete das US-Militär, "Folterräume" gefunden zu haben - und die Leiche eines im Irak entführten Soldaten.

Das US-Militär und das Außenministerium scheinen mit vereinten Kräften nach neuen Lösungen für die desolate Lage im Zweistromland zu suchen. Eine neue Strategie soll die Verhandlung von Waffenstillständen mit bestimmten feindlichen Kämpfern und auch "Vereinbarungen zur Teilung von Macht" mit einschließen, sagten "offizielle Quellen" dem Nachrichtensender CNN.

Ein "gemeinsames Team zur Umgestaltung der Irak-Kampagne" bereite demnach eine diplomatische und militärische Strategie für den Irak vor, die Ende des Monats verabschiedet werden soll. Das Team werde vom Vier-Sterne-General David Petraeus und dem US-Botschafter im Irak, Ryan Crocker geführt.

Ein Element des Plans sieht vor, Gruppen zu bestimmen - möglicherweise soll dies auch sunnitische Extremisten und Milizen einschließen -, mit denen Unterhandlungen und Geschäfte möglich scheinen. Neben Waffenstillstandsverhandlungen und der Machtteilung sei auch Wirtschaftshilfe denkbar.

Als Grund für den Kurswechsel wird in dem Bericht angeführt, dass die heutige US-Truppenstärke im Irak nicht bis in den Sommer hinein stabil gehalten werden kann.

Entführt und gefoltert, um Geld zu erpressen

"Wir haben uns zu lange darauf konzentriert, den Feind zu besiegen", sagte die offizielle, ungenannte Quelle. "Wir müssen sie an den Verhandlungstisch bringen."

Wenig ist sonst von dem Plan bekannt. Die Ankündigung kann einerseits als Eingeständnis gewertet werden, dass allein mit militärischen Mitteln den Aufständischen im Irak nicht mehr beizukommen ist. Andererseits berichtet auch CNN, dass der neue Plan bisher "wenige Reaktionen" ausgelöst habe.

Die Informationen scheinen noch unsicher, kommen aber zu einer besonders kritischen Zeit: CNN berichtete von zwei Folterräumen, die im Irak entdeckt wurden; dort sollen angeblich mindestens 17 Iraker festgehalten worden sein. Ein hochrangiger US-Militär, Generalmajor William Caldwell, sagte, die Iraker wurden entführt und gefoltert, um Geld für Aktionen der al-Qaida zu erpressen. "Dies ist die Natur des Feindes, mit dem das irakische Volk zu kämpfen hat."

Derweil barg das US-Militär einen der drei Soldaten, die vor etwa zwei Wochen im Irak entführt worden waren. DNA-Tests belegten die Identität des Mannes, erklärten die Streitkräfte. Damit wurden irakische Angaben bestätigt, wonach der tote Soldat am Vortag in einem Kanal des Euphrat in der Ortschaft Mussajab entdeckt wurde. Die Leiche war in eine US-Uniform gekleidet und wies Schusswunden und Folterspuren auf.

Die Suche nach den zwei anderen Vermissten werde fortgesetzt, sagte eine US-Militärsprecherin. Tausende US- und irakische Soldaten hatten in den vergangenen zwei Wochen das südlich von Bagdad gelegene "Dreieck des Todes" auf der Suche nach ihren drei Kameraden durchkämmt. Die Soldaten galten als vermisst, nachdem auf ihren Konvoi am 12. Mai ein Anschlag verübt worden war. Vier US-Soldaten und ihr irakischer Übersetzer wurden damals getötet. Eine zur islamistischen al-Qaida gehörende Extremistengruppe hatte angegeben, die drei Soldaten entführt zu haben, dafür allerdings keine Beweise vorgelegt.

Inzwischen nahm auch der US-Präsident zu den Berichten Stellung, die von Terrorplänen in den USA sprachen. Osama bin Laden versucht nach den Worten von US-Präsident George W. Bush, im Irak eine Terrorzelle für Angriffe in den USA aufzubauen.

"In den Gedanken der Al-Qaida-Führer war der 11. September nur eine Anzahlung auf künftige Gewalttaten", sagte Bush. Die Gefahr für die Vereinigten Staaten sei nicht gebannt, auch wenn es nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in den USA ruhig geblieben sei. "Hier in Amerika leben wir im Auge des Sturms", sagte der Präsident. "Um uns herum wirbeln gefährliche Winde, und sie können jeden Moment unsere Küsten erreichen."

Laut den am Dienstag von Bush freigegebenen Geheimdienstinformationen hat die al-Qaida Anfang 2005 den Irak zur Ausgangsbasis für Terroranschläge in aller Welt bestimmt.

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