Wer es noch nicht wusste: Die Norweger haben jetzt auch Ärger mit der NSA. Der US-Geheimdienst soll 33 Millionen Telefonverbindungen norwegischer Bürger angezapft haben, hieß es in Medienberichten. Stimmt nicht, sagt der norwegische Militärgeheimdienst: Man habe die Telefonverbindungen selbst gesammelt, aber nur im Ausland, und sie dann an die Amerikaner weitergegeben.
Wie dem auch sei: Am Mittwoch war die neue norwegische Ministerpräsidentin Erna Solberg zu ihrem Antrittsbesuch bei Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die beiden Politikerinnen tauschten sich aus, offenbar auch über die Datensammelwut der Amerikaner, und hinterher sagte Solberg: Ein "No-Spy-Abkommen", wie Merkel es gerne mit Washington schließen wolle, sei eine prima Idee. "Da würde Deutschland dann Vorbild sein" für andere Länder.
Die Bundesregierung erhofft sich von dem Abkommen, das deutsche Politiker und Bürger, aber auch die Wirtschaft verbindlich vor der US-Ausspähung schützen soll, einen Befreiungsschlag in der NSA-Affäre. "Verloren gegangenes Vertrauen" solle damit zurückgewonnen werden, erklärte Kanzleramtschef Ronald Pofalla. Doch die Sinnhaftigkeit einer solchen Übereinkunft ist umstritten. Einer neuen Enthüllung des Londoner Guardian zufolge wäre sie womöglich das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben stünde.
Der Guardian hat Dokumente aus dem Fundus des NSA-Whistleblowers Edward Snowden ausgewertet, die zeigen, wie die Amerikaner mit anderen Partnern umgehen, mit denen sie weitreichende Partnerschaften geschlossen haben.
Konkret geht es um unbescholtene britische Staatsbürger. Die können, so der Guardian, von der NSA überwacht werden, obwohl die USA und Großbritannien - neben Australien, Neuseeland und Kanada - der sogenannten "Five Eyes"-Allianz angehören. Dabei gilt in diesem Verbund - nach allem, was bekannt ist - die Regel: Wir spähen einander nicht aus.
Kritiker wie Malte Spitz, Netzpolitik-Experte der Grünen, fühlen sich durch die Enthüllung bestätigt: "Das beweist wieder einmal, das selbst sogenannte No-Spy-Abkommen keinen Schutz vor massenhafter Überwachung durch Geheimdienste gewährleistet", sagte Spitz Süddeutsche.de. "Damit bricht der gesamte Forderungskatalog der amtierenden Bundesregierung zusammen, die im blinden Vertrauen darauf gesetzt hat, dass solche Verträge Grundrechtsschutz garantieren würden. Mit einer solchen Naivität schützt man keine Menschenrechte."
Konkret geht es um zwei Papiere. In dem einen, laut Guardian im Jahr 2007 an NSA-Analysten versendet, ist von einer neuen Regel die Rede. Demnach hätten Beamte des britischen Geheimdienstes GCHQ und die NSA beschlossen, dass die NSA nun auch Daten von Briten nutzen dürften, die "zufällig", also nicht zielgerichtet gesammelt worden seien. Bis dato seien diese tabu gewesen.
Wer genau für die Regeländerung zuständig war, ob sie von den zuständigen Ministerien in London abgesegnet worden sei - das gehe aus dem Dokument nicht hervor, schreibt der Guardian. NSA, GCHQ und die britische Regierung hätten sich dazu nicht äußern wollen.
Das gilt auch für das zweite Papier, den Entwurf für eine Direktive aus dem Jahr 2005, verfasst von ranghoher Stelle der NSA. Aus deutscher Perspektive ist es besonders interessant, weil es auf ein bilaterales Abkommen abzielt, wie es Merkel und ihr künftige Koalitionspartner, die SPD, mit den Amerikanern schließen wollen.