Neue Regierung:Diese Frauen könnte Merkel in ihr Kabinett holen
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Von Robert Roßmann, Berlin
Die Union stellt zwar die Kanzlerin, ansonsten steht es bei ihr mit der Macht der Frauen aber nicht zum Besten. Das zeigt schon ein Blick auf die Koalitionsverhandlungen. Im wichtigsten Organ, der sogenannten 15er-Runde, sitzen neun Unionspolitiker: Angela Merkel und acht Männer. Die sozialdemokratische Delegation ist dagegen quotiert. Für einen Blick auf das neue Kabinett ist es zwar ziemlich früh. Es steht ja noch nicht einmal fest, dass es zu einer großen Koalition kommt - geschweige denn wurde bereits über Ressortzuschnitte oder gar -besetzungen gesprochen. Spekuliert wird aber trotzdem schon, auch bei der Frauen-Union. Dort hofft man, nicht ganz grundlos, auf bessere Zeiten.
Bisher hat Merkel zu einem neuen Kabinett lediglich zwei Ankündigungen gemacht. Sie strebe einen Frauenanteil von 50 Prozent an, sagte sie im Wahlkampf. Und beim Deutschlandtag der Jungen Union versprach sie der Nachwuchsorganisation, auch "neue Köpfe" zu berufen, also einen Generationenwechsel einzuleiten. Derzeit ist Hermann Gröhe der jüngste CDU-Minister, er wird im Februar 57 Jahre alt. Aber was bedeutet das alles für die Kabinettsbildung?
Neben von der Leyen sind drei weitere Frauen im Gespräch
In der vergangenen Legislaturperiode stellte die Union die Kanzlerin und neun Minister. Darunter waren aber nur drei Frauen: Merkel, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen und Bildungsministerin Johanna Wanka. Selbst wenn die CSU ins nächste Kabinett eine - statt wie bisher keine - Frau entsenden würde, fehlt noch eine Frau, um auf der Unionsseite die 50-Prozent-Quote zu erfüllen. Und da Wanka ihren Rückzug angekündigt hat, muss Merkel mindestens zwei neue Frauen berufen, um ihre Ankündigung einzuhalten.
Als mögliche neue Ministerinnen werden bisher vor allem drei Frauen genannt. Alle sind jünger als Gröhe - und jede von ihnen leitet gerade eine der Facharbeitsgruppen bei den Koalitionsverhandlungen.
Die erste, Julia Klöckner, ist schon seit Jahren der Liebling der CDU-Delegierten. Bei der Wahl der fünf stellvertretenden Bundesvorsitzenden erhält sie immer das beste Ergebnis. Sie war Staatssekretärin im Landwirtschaftsministerium, bevor sie 2011 zurück in ihre Heimat Rheinland-Pfalz ging. Es gelang ihr, den zerstrittenen CDU-Landesverband zu befrieden. Bei den vergangenen beiden Landtagswahlen war sie Spitzenkandidatin ihrer Partei, dabei schaffte sie es allerdings nicht, der SPD die Staatskanzlei abzunehmen. Die 45-Jährige leitet jetzt die Koalitionsarbeitsgruppe für Landwirtschaft, den Bereich könnte sie auch in einer neuen Regierung vertreten.
Die zweite CDU-Frau, die als ministrabel gilt, ist Annette Widmann-Mauz. Bis zum Rücktritt von Bildungsministerin Annette Schavan 2013 saßen in den Merkel-Kabinetten immer zwei Mitglieder der Baden-Württemberger CDU. Seit dem Wechsel von Wolfgang Schäuble auf den Stuhl des Bundestagspräsidenten ist der Landesverband gar nicht mehr vertreten. Da hilft es auch nicht, dass Volker Kauder, auch er stammt aus dem Südwesten, weiter Chef der Unionsfraktion ist.
Baden-Württemberg ist der zweitstärkste Landesverband der CDU - ihn bei einer Kabinettsbildung nicht zu berücksichtigen kann sich Merkel kaum erlauben. Das ist die Chance für Widmann-Mauz. Die Staatssekretärin im Gesundheitsministerium ist Bundesvorsitzende der Frauen-Union und seit 15 Jahren stellvertretende CDU-Chefin in Baden-Württemberg. Außerdem stünde die 51-Jährige - zumindest im Vergleich zu Schäuble und Schavan - ebenfalls für die gewünschte Verjüngung des Kabinetts. Bei den Koalitionsverhandlungen leitet Widmann-Mauz die Arbeitsgruppe für Familien und Frauen. Sie käme aber auch als Gesundheitsministerin infrage, in dem Haus ist sie ja bereits Staatssekretärin.
Kramp-Karrenbauer war die erste Innenministerin eines Bundeslandes
Die interessanteste Personalie ist aber Annegret Kramp-Karrenbauer. Für einige in der Partei gilt es bereits als ausgemacht, dass Merkel sich die saarländische Ministerpräsidentin sogar als Nachfolgerin im Kanzleramt wünscht. Verteidigungsministerin von der Leyen hat mit ihrer breiten Erfahrung, sie war bereits Familien- und Arbeitsministerin, ihrer Durchsetzungsstärke und ihrer internationalen Erfahrung zwar das Format zur Kanzlerin. Allerdings fehlt ihr das Gespür für die CDU. Und die Partei fremdelt mit ihr. Von der Leyen gilt deshalb zwar auch für das nächste Kabinett als gesetzt, als Merkels Wunschnachfolgerin sieht sie aber kaum noch einer.
Verglichen mit von der Leyen mag Kramp-Karrenbauer wie eine Regionalpolitikerin erscheinen, auch weil sie aus dem kleinen Saarland stammt. Die Zeiten, in denen sie deshalb nicht für Kanzlerinnen-tauglich gehalten wurde, sind aber vorbei. Zu deutlich sind in den vergangenen Jahren Kramp-Karrenbauers Stärken geworden. Anfang 2012 kündigte sie ausgerechnet während der Rede des damaligen FDP-Chefs beim Dreikönigstreffen die saarländische Jamaika-Koalition auf. Trotz zunächst wenig berauschender Umfragen für die CDU gewann sie die vorgezogene Landtagswahl. Und mit ihrem Erfolg bei der Landtagswahl 2017 warf sie den damals noch vorwärts fahrenden Schulz-Zug fast im Alleingang aus dem Gleis. Von da an ging es mit der SPD bergab - während die CDU die Staatskanzleien von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen erobern konnte.
Anders als von der Leyen fremdelt Kramp-Karrenbauer nicht mit der CDU. Und sie bietet der Partei sogar eine attraktive Mischung an. In gesellschaftspolitischen Fragen ist die bekennende Katholikin konservativ. Sozialpolitisch steht sie weiter links als ihre Partei - im Bundestagswahljahr 2013 überraschte sie mit der Forderung nach einem höheren Spitzensteuersatz. Und in der Flüchtlingspolitik hat sie dafür gesorgt, dass in ihrem Land auch während der Hochphase der Zuwanderung Ende 2015 alles weitgehend geordnet verlief.
Bei den Koalitionsverhandlungen leitet Kramp-Karrenbauer die Gruppe für Bildung und Forschung. Aber für sie kämen auch andere Ressorts in Betracht. Die 55-Jährige war im Saarland nicht nur Kultus-, sondern auch Arbeitsministerin. Vor allem aber war sie die erste Innenministerin in der Geschichte der Bundesrepublik. Thomas de Maizière könnte der Erneuerung des Kabinetts zum Opfer fallen, und die CSU zeigt derzeit kein großes Interesse mehr am Innenministerium, Kramp-Karrenbauer wäre auch dafür eine gute Besetzung. Die Frage ist nur, ob sie jetzt schon nach Berlin wechseln will. Wer Kramp-Karrenbauer danach fragt, erhält lediglich ausweichende Antworten. Wichtig sei nur, dass für die CDU ein Saarländer im Kabinett säße, sagt sie dann gerne. Und Peter Altmaier sei ja bereits Minister. Eine Absage ist das aber nicht.