Neue Notunterkunft in Köln:So leben Flüchtlinge im Baumarkt

Wenn die Turnhalle voll ist, wird eben eine Praktiker-Filiale umgebaut. In Köln ziehen 200 Flüchtlinge in einen ehemaligen Baumarkt. Dort gibt es Verpflegung, bunte Wände und Zimmer ohne Türen und Decken.

Von Jannis Brühl, Köln

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Flüchtlings-Notunterkunft in ehemaligem Baumarkt

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In diesen Zeiten gilt es als Fortschritt, wenn Menschen in einen ehemaligen Baumarkt einziehen. "Es ist nicht gut, aber besser als eine Turnhalle", sagt Stefan Ferber. Er ist Leiter des Kölner Wohnungsamtes und hat die ehemalige Filiale der insolventen Kette Praktiker zu einer Notunterkunft für Flüchtlinge umbauen lassen. Von diesem Mittwoch an sollen hier 200 von ihnen einziehen. Ein guter Teil lebte bisher in der Mehrzweckhalle einer städtischen Schule. Denn in Köln haben die Verantwortlichen große Probleme, alle Neuankömmlinge unterzubringen.

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Betrieben wird das Heim vom Roten Kreuz. Die Flüchtlinge leben in 64 "Kojen" - ein Euphemismus für Zimmer ohne Decken und Türen. Die Decken fehlen, um den Brandschutz zu gewährleisten. Die Türen fehlen, um die Bewohner kontrollieren zu können. "Damit das Rote Kreuz und der Wachdienst den Überblick behalten", sagt Yvonne Rosenkreuz, Architektin im Wohnungsamt. Die Wände hat sie aus Gipskarton fertigen und mit Mineralwolle für den Schallschutz füllen lassen. Mehrere Wochen hat die Stadt umbauen lassen, insgesamt hat das eine Million Euro gekostet.

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Nach der Praktiker-Insolvenz machte die Filiale im Stadtteil Porz dicht und geriet unter Zwangsverwaltung. Ein Investor machte die Stadt auf das Gelände aufmerksam. Die brauchte dringend Platz für neue Unterkünfte. Sie hat schon 16 Hotels angemietet und betreibt fast 30 Heime und Notunterkünfte. Nun pachtet sie das Praktiker-Gelände vom Zwangsverwalter.

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Etagenbetten, Spinde, ein Tisch und Stühle: Viel mehr gibt es nicht in den "Kojen". Hier wohnen je zwei bis sechs Flüchtlinge. 5000 Asylbewerber sind derzeit in der Stadt - und es werden mehr. Als Metropole muss Köln sich nicht nur um die Flüchtlinge kümmern, die ihr über das zentrale System des Landes zugewiesen werden, sondern auch um jene, die unangekündigt in der Stadt auftauchen - weil sie dort Menschen kennen oder nur, weil Köln international bekannt ist. Nur die Glücklichen finden nach einiger Zeit Privatwohnungen - und dürfen auch überhaupt aus öffentlichen Unterkünften ausziehen.

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Auf dem Gelände wurden Dusch- und Klocontainer aufgestellt. Ein weiterer Container dient als Gang, der sie mit dem Gebäude des ehemaligen Baumarktes verbindet. Ferber sagt: "So muss keiner im Winter über den Hof." Für den Umbau der Unterkunft bis Weihnachten musste die Stadt in wenigen Wochen Bauingenieure, Elektriker, Lüftungsbauer und Fliesenleger finden - und Schlosser für den Zaun, der den Verteilerkasten vor Sabotage von außen schützen soll.

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"Eine Koje sieht ja aus wie die andere", sagt Ferber. Deshalb hat die Architektin seines Wohnungsamtes die Bereiche der Unterkunft in sechs verschiedenen Farben streichen lassen. Damit sich die Flüchtlinge orientieren können. Ein "Farbleitsystem" nennt Ferber das. In jedem der Räume gibt es auch je eine Steckdose, die allerdings um 22 Uhr abgeschaltet wird. So soll der Lärm durch elektronische Geräte nachts verringert werden.

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Die Kojen sind so gebaut, dass sie von außen nicht einsehbar sind. "Das geht immer ein bisschen um die Ecke", sagt Ferber. So soll eines der Probleme eingedämmt werden, das das Leben in Unterkünften für Flüchtlinge oft unerträglich macht: der Mangel an Privatsphäre.

Köln Baumarkt Flüchtlinge

Quelle: Stadt Köln

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In diesem Raum essen die Flüchtlinge. Die Verpflegung beziehen die Helfer von einem Metzger um die Ecke. Außerdem sind Lidl und Metro in der Nähe. Für die Flüchtlinge soll es nur ein Zuhause auf Zeit werden. Sie sollen spätestens nach ein paar Wochen wieder ausziehen, in geregeltere Verhältnisse. Doch solche Pläne haben sich im deutschen Asylsystem schon oft als falsch herausgestellt.

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