Neue liberale Partei in Österreich:"Die Neos haben ein gerüttelt Maß an Distanz zur FDP"

Niko Alm Die Neo

"Wir sind entschieden pro-europäisch": Neos-Politiker Niko Alm.

(Foto: Nicole Heiling)

Niko Alm wurde weltbekannt, als er sich für sein Führerscheinfoto ein Nudelsieb über den Kopf stülpte - als Anhänger der parodistischen Religion des "fliegenden Spaghettimonsters". Nun zieht der Wiener mit der neuen Partei Neos ins österreichische Parlament ein. Ein Interview über Fehler der FDP und den Umgang mit der rechten FPÖ.

Von Oliver Das Gupta

Niko Alm, Jahrgang 1975, ist ein österreichischer Unternehmer und Politiker. Nachdem er sich zunächst bei den Grünen engagiert hatte, wurde Alm bei der Nationalratswahl am 29. September mit der neu gegründeten liberalen Partei Neos ins österreichische Parlament gewählt.

Bekannt wurde der Wiener allerdings schon 2011. Damals ließ sich Alm für sein Führerscheinfoto mit einem Nudelsieb als Kopfbedeckung ablichten - als Anhänger des parodistischen Religion des fliegenden Spaghettimonsters. Die Causa erregte weltweit Aufmerksamkeit. Der Atheist Alm setzt sich für eine strikte Trennung von Staat und Religion ein. Er ist Vorsitzender des Zentralrates der Konfessionsfreien.

SZ.de: Glückwunsch, Herr Alm, Sie sind nun Abgeordneter im österreichischen Parlament. Werden Sie als bekennender "Pastafari" mit Ihrem Nudelsieb auf dem Kopf in den Nationalrat einziehen?

Niko Alm: Das ist derzeit gar nicht möglich. Mein Nudelsieb ist Bestandteil einer Wanderausstellung, die derzeit im Jüdischen Museum in München zu sehen ist.

Sie sind bekannt geworden als Anhänger der Kirche des fliegenden Spaghettimonsters - eine Religionsparodie, mit dem sie für eine strikte Trennung von Staat und Kirche eintreten. Ihre "Pastafari"-Bewegung fand weltweit Beachtung. Hat Ihnen die Popularität im Wahlkampf genutzt?

Das Nudelsieb hat mir zwar einen hohen Bekanntheitsgrad beschert, weil viele Österreicher den "Typen mit dem Nudelsieb" kennen. Aber wie der heißt, weiß keiner. Das hat den Wahlkampf also kaum beeinflußt. Mein Engagement für die Trennung von Staat und Religion, insbesondere die Durchführung des Volksbegehrens gegen Kirchen-Privilegien im April des Jahres, hat da schon mehr polarisiert.

Die Neos erreichten bei der Parlamentswahl in Österreich fast fünf Prozent - ohne staatliche Parteienförderung und Fernsehwerbung und nur ein Jahr nach Parteigründung. Wie haben Sie das geschafft?

Der Erfolg hat mehrere Ursachen. Einerseits gibt es in Österreich seit langem eine weitreichende Unzufriedenheit. Der Unmut richtet sich gegen die bestehenden Verhältnisse in Gestalt der beiden großen Volksparteien, die das Land seit 1945 fast durchgehend dominieren und sich arrangiert haben. Das hat zur Folge, dass sich fast nichts bewegt. Es herrscht in vielen Bereichen Stillstand. Die andere Ursache lautet: Viele Österreicher haben eine liberale Partei vermisst. Die Zeit war reif für uns.

Liberalität reklamieren auch andere Parteien für sich.

Stimmt, es ist ja auch erfreulich, dass andere Parteien ebenfalls liberale Ansichten vertreten. Nur ist es ein Unterschied, ob eine Partei zu 80 Prozent oder zu 100 Prozent liberal ist. Man kann liberale Ansichten haben, aber nicht Halb-Liberaler sein. Man ist ja auch nicht halbschwanger. All die Altparteien sind nach wie vor eingezwängt in ihren ideologischen Leitlinien. Liberale sind anders: Wir haben ein Wertegefüge, das auf Freiheit und Eigenverantwortung aufbaut.

"Die Feindseligkeit zwischen Grünen und FDP ist seltsam"

"Freiheit und Eigenverantwortung" ist auch ein Credo der deutschen FDP, die bei der Bundestagswahl untergegangen ist. Was unterscheidet Neos von deutschen Freidemokraten?

Einiges. Wir sind eine moderne, neue Partei. Die FDP blickt auf eine lange Geschichte zurück mit vielen Häutungen. Sicherlich haben wir Berührungspunkte. Aber wir sind keine Schwesterparteien. Die Neos haben ein gerüttelt Maß an Distanz zur FDP.

Im Gegensatz zur FDP sind die Neos mit einem klaren Bekenntnis zur EU angetreten. Sie fordern sogar die "Vereinigten Staaten von Europa".

Wir sind entschieden pro-europäisch. Das bedeutet natürlich, dass wir auch Kritik an der EU und ihren Institutionen üben. Aber unser klares Bekenntnis ist Alleinstellungsmerkmal. Letztes Jahr gab es sogar interne Überlegungen, ob wir uns nicht zumindest im Zusatz Europa-Partei bezeichnen sollten.

Haben Sie etwas am FDP-Programm auszusetzen?

Es ist eine Sache, ein liberales Programm zu haben, aber eine andere, ob Personen dieses Programm auch vertreten. Es ist eine Frage von Glaubwürdigkeit und politischem Stil.

FDP-Veteran Hans-Dietrich Genscher äußerte sich unlängst ähnlich - und hob gleichzeitig die plötzliche Popularität der Neos hervor.

Popularität?! (lacht) Eine Mehrheit werden wir als liberale Partei wohl nie bekommen. Aber wir sind angetreten, um Österreich zu erneuern.

Wie soll das funktionieren? Die Neos sind mit ihren knapp fünf Prozent ja nur eine kleine von mehreren Parteien.

Weil wir anders sind. Die FPÖ oder die Grünen machen es sich als Opposition gemütlich, denen reicht es, zu kritisieren. Aber wir wollen gestalten. Und zwar so schnell wie möglich. Dabei gehen wir konstruktiv vor. Wir wollen möglichst viel umsetzen von dem, was wir uns vorgenommen haben.

Dann müssen Sie aber die Legislaturperiode wohl abwarten. Vermutlich koalieren sozialdemokrische SPÖ und konservative ÖVP erneut.

Unser Vorschlag lautet: Es gibt Politikbereiche, die man koalitionsfrei stellen könnte. In der Bildungspolitik etwa liegen unsere Vorstellungen näher bei der SPÖ, bei der Rente, die in Österreich Pensionen genannt werden, könnten wir mit der ÖVP kooperieren. Die Parteien der großen Koalition wissen, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann. Sie müssen endlich etwas anders machen.

Können Sie sich als Liberaler auch eine partielle Zusammenarbeit mit der rechtspopulistischen FPÖ von Heinz-Christian Strache vorstellen?

Das wird es nie geben, das wäre jenseits des politischen Hygienekorridors. Wer sich ein bisschen mit Strache und seiner Partei beschäftigt, wird erkennen, dass deren Verbindungen zum Rechtsextremismus eine Kooperation unmöglich machen.

Die Inhalte entscheiden in diesem Fall nicht?

Nein. Keine Zusammenarbeit mit diesen Leuten. Selbst wenn man in der Sache Gemeinsamkeiten finden sollte.

Mit wem können Sie denn dann?

Mit allen demokratischen Kräften. Die Neos befinden sich schließlich in der politischen Mitte.

In Deutschland sind sich Grüne und Liberale spinnefeind. Verstehen Sie das?

Das kann ich nicht nachvollziehen. Die österreichischen Grünen halte ich in vielen Bereichen für sehr vernünftig, in einigen Bereichen passt es aber eben nicht: Dort, wo Bevormundung gefordert wird. Aber die Feindseligkeit, die in Deutschland zwischen Grünen und FDP zelebriert wird, halte ich für seltsam. Eine ungute Situation, die man eigentlich überwinden sollte.

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