Süddeutsche Zeitung

Neue Leitlinien:Schwenk in der Asienpolitik

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Deutschland will künftig ver­stärkt mit Demokratien im indopazifischen Raum ar­beit­en. Auch aus Sorge vor einem zu starken Einfluss Chinas.

Von Daniel Brössler, Berlin

Nach Jahren einer starken Fokussierung auf China will Deutschland seine Zusammenarbeit mit anderen Ländern in der indopazifischen Region verstärken. Erstmals beschloss die Bundesregierung am Mittwoch Leitlinien, die der wirtschaftlichen und politischen Bedeutung der gesamten Region Rechnung tragen sollen. "Wir sehen mit Sorge das Wettrüsten in der Region und latente Konflikte, deren Ausbrechen weltweite Erschütterungen nach sich ziehen würden", sagte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD). Bereits am Vortag hatte er sich beim Besuch des chinesischen Außenministers Wang Yi auffallend kritisch zur Politik Pekings geäußert.

Mit den Leitlinien vollzieht die Bundesregierung einen Schwenk, der erkennbar auch der Sorge vor einem zu starken Einfluss Chinas entspringt. Durch eine "Diversifizierung der Wirtschaftsbeziehungen" könnten "einseitige Abhängigkeiten vermieden werden", hieß es aus dem Auswärtigen Amt. Verstärkt werden soll die Zusammenarbeit mit Demokratien wie Japan, Indien und Südkorea. "Der politische Westen liegt auch im Osten", sagte Maas. Man wolle "gerade mit den Ländern vertieft zusammen, die unsere demokratischen und freiheitlichen Werte teilen". Deutschland wolle "in den Bereichen Multilateralismus, Klimawandel, Menschenrechte, regelbasierter Freihandel, Konnektivität und Digitalisierung sowie insbesondere im sicherheitspolitischen Bereich ausbauen". Stabilität in der Region sei auch wirtschaftlich für Deutschland entscheidend. "Als Handelsnation hängt unser Wohlstand unmittelbar von der Freiheit des Handels und der Seewege ab, die zu einem großen Teil durch den Indo-Pazifik führen", sagte Maas.

Beunruhigt ist die Bundesregierung angesichts des immer schärfer werdenden Konflikts zwischen den USA und China, aber auch wegen der Spannungen zwischen Peking und Taiwan. Hinzu kommen Grenzstreitigkeiten, etwa zwischen China und Indien. In der Region treffen außerdem drei Atommächte aufeinander: China, Indien und Pakistan.

Hinzu kommt das Atomprogramm Nordkoreas. Zustimmung erhielt Maas am Mittwoch für sein Auftreten gegenüber dem chinesischen Außenminister Wang. Er sehe dies als "klares Zeichen" für den Beginn einer veränderten Politik Deutschlands und Europas gegenüber der Führung in Peking, sagte der Hongkonger Bürgerrechtler und frühere Abgeordnete Nathan Law in Berlin. Das Scheitern der Appeasement-Politik werde erkannt. "Dieser Wandel läuft, jetzt hoffen wir auf Taten", sagte Law. Maas hatte die Rücknahme des Sicherheitsgesetzes für Hongkong und eine rasche Wahl in der Sonderverwaltungszone gefordert. Auch FDP-Chef Christian Lindner begrüßte "die klaren Worte" des Außenministers. "Es gab in den vergangenen Jahren eine große Samtpfötigkeit im Umgang mit der Volksrepublik China. Das hat sich jetzt verändert", sagte er. Nun warte man, ob den Worten "auch Taten der gesamten Bundesregierung, einschließlich der Regierungschefin, folgen".

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SZ vom 03.09.2020
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