Süddeutsche Zeitung

Neue Erkenntnisse um rechte Terrorgruppe:Beate Zschäpe - Kassenwartin des NSU

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Die Überlebende des Zwickauer Neonazi-Trios war nicht gründlich genug, als sie die gemeinsame Wohnung anzündete: Die Ermittler fanden im Brandschutt Quittungen und Bankauszüge, die nahelegen, dass Beate Zschäpe die Finanzen der Gruppe verwaltete. Wahrscheinlich hat sie deshalb mehr über die Verbrechen gewusst, als bisher angenommen.

Hans Leyendecker

Die im Fall der Zwickauer Terrorzelle "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) seit rund zweieinhalb Monaten ermittelnde Kommission "Trio" stützt sich bei ihrer Arbeit derzeit stark auf die Auswertung von Asservaten. Insgesamt werten Kriminaltechniker rund 5000 Asservate aus. Zu Hunderten Gegenständen liegen inzwischen endgültige oder vorläufige Gutachten sowie forensische Expertisen vor.

Mit Hilfe der Unterlagen haben die Ermittler neue Einblicke in das Innenleben der Zelle bekommen, der zehn Morde und zwei Sprengstoffanschläge zugerechnet werden. Die Asservate sind teilweise durch Feuer und Wasser stark beschädigt worden, teilweise sind sie völlig unversehrt. Die mutmaßliche Terroristin Beate Zschäpe hatte nach dem Tod der beiden Terroristen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos die gemeinsame Wohnung in Zwickau mit Benzin angezündet.

Die kriminalistischen Untersuchungen auf Finger- und DNA-Spuren sind weit fortgeschritten. Nicht in allen Fällen konnten bislang Zuordnungen gemacht werden. Die inhaltliche Analyse der Papiere wird noch Wochen dauern. 23 Festplatten und etliche Speichersticks werden derzeit ausgewertet.

Voran kommen auch die Finanzermittlungen, die sich zum Teil auf Bankbelege und Quittungen stützen, die im Brandschutt der Zwickauer Wohnung der Terroristen gefunden wurden. Nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen hat Zschäpe die Finanzen der Bande verwaltet. Sie soll unter verschiedenen Aliasnamen Bares auf unterschiedliche Konten eingezahlt haben. Es gibt keinen Hinweis, dass Mundlos und Böhnhardt jemals Geld einzahlten oder abholten.

Dieser Punkt ist für die Ermittler nicht ohne Bedeutung. Nach ihrer Annahme hat Zschäpe 13 Jahre im Untergrund mit den beiden Killern zusammengelebt und sich mit deren Zielen identifiziert. Da die beiden Männer bei Banküberfällen rund 600.000 Euro erbeutet haben sollen, gilt es als wahrscheinlich, dass Zschäpe von den Banküberfällen wusste. Die Finanzermittlungen und die Suche nach Querverbindungen wird vermutlich noch einige Monate dauern. Konten im Ausland tauchten bislang nicht auf.

Die im November neu aufgenommenen regionalen Ermittlungen im Fall des Kölner Sprengstoffanschlags, bei dem vor gut sieben Jahren 24 Menschen zum Teil schwer verletzt worden waren, sind inzwischen abgeschlossen. Danach steht fest, dass Böhnhardt und Mundlos die Täter waren.

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Quelle:
SZ vom 21.01.2012
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