Süddeutsche Zeitung

Neue Anti-Euro-Partei:Henkel von rechts

Die Euro-Rettung stoppen - mit diesem Ziel will die "Alternative für Deutschland" zur Bundestagswahl antreten. Mitte April soll sich die Partei gründen, die keine Scheu vor rechtspopulistischen Förderern hat.

Von Thorsten Denkler, Berlin

Wenn es noch eine Marktlücke für Parteien geben sollte, dürfte das die Kritik an der Euro-Rettung sein: Die angehende Partei "Alternative für Deutschland" füllte mit diesem Thema die Stadthalle Oberursel in der Nähe von Frankfurt. 1200 Menschen waren Anfang der Woche zu der ersten öffentlichen Versammlung gekommen. Die Parolen waren eindeutig: Es gebe eine Alternative zum Euro-Rettungsschirm, nämlich den Austritt aus dem Euro-Raum für die Länder, die nicht bleiben können oder wollen. Die "Alternative für Deutschland" fischt bewusst am rechten Rand - neben Euroskeptikern gehören auch vom Modernisierungskurs der Kanzlerin enttäuschte CDUler zu ihren Anhängern.

Unionsfraktionschef Volker Kauder kritisierte die "Alternative für Deutschland": "Diese Gruppe ist die institutionalisierte Angst vor der Zukunft. Wir müssen aber mutig sein und dieses Europa gestalten wollen", sagte er Spiegel Online. Pro Euro-Rettung, so lautet seit einigen Jahren der Kurs der im Bundestag vertretenen Parteien. Bis auf die Linke versuchen alle eine halbwegs geschlossene Haltung zur Euro-Rettung zu demonstrieren. Nur in wenigen Ausnahmefällen sind SPD und Grüne dem Regierungskurs von Union und FDP nicht gefolgt.

Nur ein Wahlziel

Jetzt will die "Alternative für Deutschland" mit mehr oder minder prominenten Mitstreitern die unterschwellige Euro-Skepsis in Teilen der Bevölkerung nutzen, um sich in den Bundestag zu katapultieren. Die Partei soll Mitte April aus der im vergangenen Jahr gegründeten "Wahlalternative 2013" entstehen. Die jetzige Führungsspitze um den Volkswirtschaftler Bernd Lucke soll durch einen gewählten Vorstand abgelöst werden.

Offenbar will die Partei "Alternative für Deutschland" mit nur einem Wahlziel antreten: Stopp der derzeitigen Euro-Rettung - und stattdessen: die Einführung eines Nord- und eines Süd-Euro. Ein Konzept, das unter anderem der frühere BDI-Präsident und IBM-Chef Hans-Olaf Henkel in einem seiner Bücher skizziert hat.

Henkel gehört zu denen, die von sich behaupten, es durch die Bank besser zu wissen. Er ist seit Längerem auf der Suche nach einer politischen Heimat. Früher war das mal die FDP - auch wenn er dort nie Mitglied war. Im Dezember 2011 ließ er sich von Hubert Aiwanger als Unterstützer der Freien Wähler präsentieren. Um Henkels Namen rankten sich immer wieder Gerüchte über Parteigründungen. Jetzt scheint es so weit zu sein. In Berlin soll Mitte April die neue Partei aus der Taufe gehoben werden und möglichst noch zur Bundestagswahl antreten - mit Unterstützung von Henkel.

Geht es um die Förderer, scheint die neue Partei nicht wählerisch zu sein. Neben einer ganzen Phalanx von Wirtschaftswissenschaftlern, die sich schon in Luckes Initiative "Plenum der Ökonomen" mit anderen Volkswirtschaftsprofessoren engagierten, zieht die Wahlalternative auch Menschen an, die erstaunlich wenig Berührungsängste mit dem rechtspopulistischen Rand haben.

Hausblatt der Euro-Gegner scheint die Wochenzeitung Junge Freiheit zu sein. Das rechte Blatt tauchte in verschiedenen Verfassungsschutzberichten auf, bis das Bundesverfassungsgericht 2005 die Beobachtung untersagte. Ultrakonservativ oder hart rechts sind jetzt die einschlägigen Attribute. Noch 2004 druckte die Junge Freiheit ein Interview mit dem damaligen NPD-Vorsitzenden Udo Voigt. Darin nannte er Hitler einen großen Staatsmann.

Initiativen-Sprecher Bernd Lucke hat der Zeitung erst im Mai 2012 ein langes Interview gegeben, in dem er die Euro-Rettung geißelte. Nicht anders Mitunterstützer Konrad Adam, ehemaliger Redakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Er beantworte 2008 den Fragebogen der Jungen Freiheit. Allgemein bekannt ist, dass auch Hans-Olaf Henkel gerne als Autor und Interviewpartner in dem Blatt erscheint.

Deutsche tun sich mit Parteineugründungen schwer

Als durchaus problematisch würden andere Parteien sicher die Unterstützung durch den Staatsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider werten. Seine Nähe zu rechten Gruppen und Parteien ist augenfällig. Im März 2009 trat er auf Einladung der Ratsfraktion der rechtspopulistischen Bürgerbewegung Pro Köln auf, um dort gegen die vielen Moschee-Neubauten im Land zu wettern. Im September 2005 saß er gar auf Einladung der rechtsextremen NPD Sachverständiger in einer Anhörung des Sächsischen Landtages. Thema: "Übereinstimmung der Europäischen Verfassung mit dem Grundgesetz."

Viele weitere Unterstützer stammen aus dem stramm konservativen Umfeld der hessischen CDU. Darunter auch Alexander Gauland, einst Staatssekretär in der hessischen Staatskanzlei unter Ministerpräsident Walter Wallmann (CDU).

Fast schon lustig wirkt dagegen das Engagement von Jan Czada in der Wahlalternative. Er ist einer der "Landesbeauftragten Baden-Württemberg". Zuvor war er nicht nur im "Verein Deutsche Sprache" und im "Ring Christlich-Demokratischer Studenten" aktiv. Er war auch Vorsitzender des eher erfolglosen Vereins "Badische Bewegung". Die kämpfte einst für "ein freies Baden in Europa" und trat 2009 zu den Kommunalwahlen in Baden-Württemberg an. Von etwaigen Erfolgen ist nichts bekannt.

Womöglich erleidet die "Alternative für Deutschland" ein ähnliches Schicksal. Mit Parteineugründungen tun sich die Deutschen ohnehin schwer. Nur zwei Parteien haben es in den vergangenen Jahrzehnten zu nennenswerter Bedeutung gebracht: Die Grünen und derzeit die Piraten. Aber der Piraten-Stern geht ja auch schon wieder unter.

(Linktipp: Publikative.org geht in einem Beitrag noch detaillierter auf die popoulistischen Positionen der neuen Partei ein.)

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