Süddeutsche Zeitung

Nepal:Alle Macht dem "Kämpferischen"

Der frühere maoistische Rebell Pushpa Kamal Dahal ist als Ministerpräsident von Nepal vereidigt worden. Zum dritten Mal. Politisch stabiler wird das arme Land damit nicht.

Von David Pfeifer, Bangkok

Er war kein wahrscheinlicher Sieger, trotzdem ist Pushpa Kamal Dahal, 68, seit Dienstag wieder Ministerpräsident von Nepal. In der Weihnachtszeit hatten sich die Parteien im nepalesischen Parlament bereits auf ihn als Kandidaten geeinigt, nachdem die Wahlen vom 20. November kein eindeutiges Ergebnis gebracht hatten. Doch erst an diesem Montag trat das Repräsentantenhaus zum ersten Mal zusammen.

In ihren Ansprachen adressierten diverse Parteivorsitzende drängende Themen, von Korruptionsbekämpfung bis zu politischer Stabilität und Stärkung des Föderalismus, wie die Kathmandu Post berichtete. Drei neue Parteien waren ins Parlament eingezogen.

"Die Menschen sind mit unserer Arbeit unzufrieden", sagte Pushpa Kamal Dahal, der zu diesem Zeitpunkt schon sicher sein konnte, dass er gewählt werden würde, "ich stehe hier, um dies zu ändern." Auch wenn seine Kommunistische Partei Nepals - Maoistisches Zentrum (CPN-MC) nur 32 von 275 Sitzen gewonnen hatte.

Dahals Konkurrent errang die meisten Sitze, regiert jedoch nicht mit

Sein schärfster Konkurrent Sher Bahadur Deuba hatte das Nachsehen, obwohl seine Partei, der Nepali Congress (NC), bei der Wahl die meisten Sitze errang. Dass Dahal sich überhaupt zur Wahl stellen konnte, war eine Überraschung gewesen, doch durch einige Schachzüge konnte er schließlich 169 Abgeordnete hinter sich versammeln.

Der ehemalige kommunistische Rebellenführer wurde damit zum dritten Mal Ministerpräsident von etwa 30 Millionen Nepalesinnen und Nepalesen. Die politische Stabilität in dem armen Land, das in den vergangenen Jahren unter häufigen Regierungswechseln gelitten hat und im Himalaja zwischen den gigantischen Nachbarn Indien und China liegt, wird das nicht fördern. Nepal gehört laut Vereinten Nationen zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt. Die neue Regierung muss eine trudelnde Wirtschaft in den Griff bekommen, mit einer hohen Inflation und steigenden Preise für Lebensmittel- und Energieimporte.

Pushpa Kamal Dahal, der auch "Prachanda" (der Kämpferische) genannt wird, stammt aus einer Bauernfamilie und wurde zunächst Lehrer. Als maoistischer Anführer einer Rebelleneinheit kämpfte er im nepalesischen Bürgerkrieg von 1996 bis 2006 gegen die Monarchie. Etwa 17 000 Menschen starben bei diesen Konflikten. Seit im Jahr 2008 die 239 Jahre währende Ära des "Königreich Nepal" endete, gab es bereits elf Regierungen.

Die neue Regierung ist ein instabiles Gebilde

Dass die Mehrheit der Abgeordneten sich nun hinter der CPN-MC und dem alten, neuen Ministerpräsidenten versammeln, kann man als gutes Zeichen für die junge Demokratie werten. Oder als Schwächung, weil der NC die meisten Stimmen erhalten hat, nun aber gar nicht mehr in der nepalesischen Regierung vertreten ist.

Die Unterstützung von sieben Parteien brauchte Dahal - darunter auch eine, die es erst seit vier Monaten gibt, und eine konservative Abordnung, die zurück zur Monarchie will. Dieses Gebilde wird nicht sehr stabil sein, und Dahal wird Zugeständnisse machen müssen, um seine Macht zu sichern.

Dahal versprach, sich für Stabilität und wirtschaftlichen Fortschritt einzusetzen, sowie für eine "pro-nepalesische" Außenpolitik mit "ausgewogenen, vertrauenswürdigen und freundschaftlichen" Beziehungen zu allen Ländern, einschließlich der großen Nachbarn China und Indien. Dahals Vorgänger hatte sich gegen die "Belt and Road"-Initiative Chinas gestellt - die Neue Seidenstraße, durch die viele Länder in Südostasien in große Abhängigkeit zu Peking geraten - und außerdem die Nähe Indiens und der USA gesucht.

Doch Pushpa Kamal Dahal ist Machiavellist genug, um alle drei Verhandlungspartner ernst zu nehmen. Im drängendsten Konflikt der Region, den Grenzstreitigkeiten zwischen China und Indien an der "Line of Actual Control" im Himalaja, kommt Nepal eine Schlüsselrolle zu. Dahal wird das zu seinem Vorteil nutzen.

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