Österreich:Zeit zu handeln

Österreich: Kanzler Karl Nehammer (links) und der deutsche Amtskollege Olaf Scholz. Beide Länder kämpfen mit unterschiedlichem Erfolg und teils verschiedenen Mitteln gegen Inflation und hohe Energiepreise.

Kanzler Karl Nehammer (links) und der deutsche Amtskollege Olaf Scholz. Beide Länder kämpfen mit unterschiedlichem Erfolg und teils verschiedenen Mitteln gegen Inflation und hohe Energiepreise.

(Foto: Kay Nietfeld, dpa)

Regierung und Opposition sollten sich endlich nicht mehr um Personaldebatten kümmern, sondern gemeinsam um jene Themen, die den Menschen Sorge bereiten: leistbares Leben und Wohnen.

Von Alexandra Föderl-Schmid

Sogar in Neuseeland, in den USA und in Großbritannien haben Medien die Meldung aufgegriffen, dass die SPÖ nicht einmal eine Mitgliederbefragung hinkriegt. Das war eine internationale Blamage, genauso wie die Aussagen vom nun doch gewählten SPÖ-Chef Andreas Babler über die EU, die für ihn das "aggressivste außenpolitische militärische Bündnis, das es je gegeben hat" ist. Wer das Amt des Kanzlerkandidaten anstrebt, sollte nicht der Versuchung des Populismus unterliegen und über die Gabe differenzierter Kritik verfügen.

Auch wenn in der SPÖ Mutmaßungen darüber, dass es bei den Auszählungen nicht mit rechten Dingen zugegangen sei, nicht verstummen wollen: Es ist Zeit, die selbstreferenzielle Nabelschau zu beenden, damit die SPÖ wieder als ernst zu nehmende politische Kraft und nicht mehr als Selbsthilfegruppe wahrgenommen wird. Der öffentliche und mediale Diskurs hat sich in den vergangenen Wochen um Befindlichkeiten und Personaldebatten gedreht, das ganze Land schien über Wochen keine wichtigeren Probleme als den SPÖ-Vorsitz zu haben.

Regierung und Opposition sollten sich endlich gemeinsam um jene Themen kümmern, die die Menschen beschäftigen und nicht nur betreffen, sondern wirklich treffen: die Teuerung, die sich beim täglichen Einkauf genauso bemerkbar macht wie bei den Abbuchungen für Miete und Strom. Die Inflationsrate ist eine der höchsten im Euro-Raum, sie liegt in Österreich mit 8,7 Prozent deutlicher höher als in Deutschland mit 6,3. Wer in einem österreichischen Supermarkt einkauft, wundert sich, um wie viel teurer sogar die gleichen Produkte sind. Der seit Jahren wahrnehmbare Aufschlag hat sich gefühlt noch einmal verdoppelt. Die Bundeswettbewerbsbehörde untersucht die Gründe für die Preisaufschläge, aber die Ergebnisse sollen erst später im Herbst vorliegen.

Eine Analyse des in Brüssel ansässigen Think Tanks Bruegel zeigt, dass Deutschland - gemessen am Bruttoinlandsprodukt - die europaweit höchsten Ausgaben getätigt hat, um die Teuerung im Energiesektor abzufedern. Es rächt sich, dass Österreichs Regierung vor allem auf Einmalzahlungen gesetzt hat und nicht auf längerfristig wirkende preissenkende Maßnahmen, die einer breiteren Masse helfen würden. So entfalteten etwa die Gas- und Strompreisbremse in Deutschland eine Wirkung, Österreich hat lediglich bei den Elektrizitätspreisen direkt eingegriffen. Die Entlastung in Österreich betraf vor allem von der Pandemie stark betroffene Wirtschaftsbereiche wie den Tourismus, während es in Deutschland eine breite Absenkung wie die Mehrwertsteuerreduktion gab, von der auch große Teile der Bevölkerung profitierten.

Und auch die ÖVP könnte, nachdem zum Thema Asyl in der Nacht zum Freitag ein EU-Kompromiss gefunden wurde, endlich von ihrem Lieblingsthema ablassen und sich der Bekämpfung der Teuerung mit voller Kraft widmen. Vorzeitige Wahlen im Herbst würden ohnehin nur der FPÖ nutzen. Der neue SPÖ-Chef Babler könnte der schwarztürkis-grünen Regierung einen Pakt anbieten. Es ist an der Zeit, dass die konstruktiven Kräfte in diesem Land zusammenarbeiten, die Probleme sind groß genug.

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