Der stellvertretende japanische Regierungschef Taro Aso hat in der Debatte um eine Verfassungsänderung die Taktik der Nazis als nachahmenswert bezeichnet und damit im In- und Ausland Empörung ausgelöst.
Er hatte zu Wochenbeginn nach Medienberichten in einer Rede in einem Tokioter Hotel gesagt: "Die deutsche Weimarer Verfassung wurde unbemerkt, ohne dass es jemandem auffiel, durch die Verfassung der Nazis ersetzt. Warum lernen wir nicht von dieser Taktik?".
Adolf Hitler und die Nationalsozialisten wandelten nach ihrer Machtergreifung 1933 Deutschland zu einer Diktatur um - auf angeblich legalem Wege. Nach und nach hebelten die Rechtsextremisten etwa durch Notverordnungen und das "Ermächtigungsgesetz" ( hier mehr dazu) den demokratischen Charakter der Weimarer Verfassung aus. Darauf könnte Japans Vize-Premier nun angespielt haben.
Die Regierung des rechtskonservativen Ministerpräsidenten Shinzo Abe strebt eine Revision der pazifistischen Nachkriegsverfassung an. Die Medien hätten begonnen, viel Lärm um die geplante Verfassungsänderung zu machen, was China und Südkorea auf den Plan gerufen habe, sagte Aso in seiner Rede. Er zog inzwischen seine Äußerung bezüglich der Nazis zurück und sprach von einem "Missverständnis".
Reaktion aus Seoul, Rücktrittsforderung aus Opposition

Nazi-Vergleiche:Wie Hitler, wie Auschwitz, wie der Holocaust
Vergleiche mit dem Nationalsozialismus verbieten sich eigentlich immer. Das beweist auch der aktuelle Fall von Prince Charles, der den russischen Präsidenten Wladimir Putin in die Nähe von Adolf Hitler gerückt hat. Dennoch versuchen es Politiker und Prominente immer wieder - ein Rückblick.
Das Simon-Wiesenthal-Zentrum in Los Angeles forderte Aso auf, seine Äußerung zu den Nazis zu erklären. "Was für 'Techniken' der Nazi-Herrschaft sind es wert, gelernt zu werden - wie man heimlich Demokratie kaputtmacht?", heißt es in einer Stellungnahme. Ein Sprecher des Außenministeriums in Seoul mahnte Japans politische Führer nach Medienberichten zu Vorsicht bei Worten und Taten. Ein Vertreter der japanischen Oppositionspartei der Sozialdemokraten forderte Aso zum Rücktritt auf.
Die Motivation der japanischen Regierung, die Verfassung zu ändern, zielt auf eine Revision der Nachkriegsordnung. Premier Abe glaubt, dass die Verfassung nicht der einer unabhängigen Nation entspricht, da sie Japan 1946 von der Besatzungsmacht USA aufgezwungen worden sei. Auf diese Weise will Abe mit Blick auf China und Nordkorea das Militär stärken.
Sein Stellvertreter Aso, zugleich Finanzminister, ist bekannt für umstrittene Äußerungen. So war er von Medien einmal mit den Worten zitiert worden, er wolle Japan zu einem Land machen, wo "reiche Juden" gerne leben würden.