Fall Nawalny:Russland ermittelt wegen Verdachts auf versuchten Mord

Alexej Nawalny

Der führende russische Oppositionelle Alexej Nawalny wurde nach Angaben der Bundesregierung mit einem chemischen Kampfstoff vergiftet und liegt im künstlichen Koma.

(Foto: Pavel Golovkin/dpa)

Bisher hatte Russland nach eigenen Angaben keine Beweise für eine Straftat und damit auch keinen Anlass für Ermittlungen gesehen. Die Nato fordert eine internationale Untersuchung des Falls Nawalny.

Laut der Nachrichtenagentur RIA gehen russische Ermittler im Fall des vergifteten Oppositionspolitikers Alexej Nawalny einem Mordverdacht nach. Russlands zentrale Ermittlungsbehörde habe eine ihrer Vertretungen in Sibirien beauftragt, die Möglichkeit eines Mordanschlags auf den Regierungskritiker zu untersuchen. Bisher hatte Russland keine Beweise für eine Straftat und damit auch keinen Anlass für strafrechtliche Ermittlungen gesehen.

Nawalny war am 20. August auf einem Flug von Sibirien nach Moskau plötzlich zusammengebrochen. Nach einer Behandlung in einem Krankenhaus im sibirischen Omsk wurde er in die Berliner Charité verlegt, wo die Ärzte bereits vergangene Woche von Anzeichen einer Vergiftung gesprochen hatten. Die Bundesregierung teilte dann am Mittwoch nach Untersuchungen eines Spezial-Labors der Bundeswehr mit, dass sie es als zweifelsfrei erwiesen ansehe, dass Nawalny mit dem militärischen Nervengift Nowitschok vergiftet worden sei.

Die Nato fordert von Russland die Zustimmung zu internationalen Ermittlungen. "Die russische Regierung muss im Rahmen einer unparteiischen internationalen Untersuchung uneingeschränkt mit der Organisation für das Verbot chemischer Waffen zusammenarbeiten", sagte Generalsekretär Jens Stoltenberg am Freitag nach Beratungen mit den Nato-Botschaftern der Mitgliedstaaten. "Die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen und vor Gericht gebracht werden." Die Tat sei nicht nur ein Angriff auf einen Einzelnen, sondern auch ein schwerer Verstoß gegen das Völkerrecht, der eine internationale Reaktion erfordere, sagte Stoltenberg weiter. Er verwies auch darauf, dass in Russland nicht zum ersten Mal ein "Regimekritiker" angegriffen wurde.

Nawalny ist einer der prominentesten Kritiker von Präsident Wladimir Putin. Der Fall Nawalny hat in Deutschland auch die Debatte über ein mögliches Aus der umstrittenen Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 angeheizt.

Die Grünen wollen in der kommenden Woche im Bundestag eine Aktuelle Stunde zum Fall Nawalny und Nord Stream 2. "Der Bundestag muss sich nächste Woche damit beschäftigen. Wir werden das mit einer Aktuellen Stunde auf die Tagesordnung setzen. Wir können jetzt nicht sagen: Wir gehen mal über diesen Fall hinweg und der Deutsche Bundestag hat sich nicht damit befasst", sagte die Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt am Freitag im "Frühstart" von RTL/ntv. Göring-Eckardt forderte erneut, das Projekt Nord Stream 2 zu stoppen. "Man kann ja nicht sagen: Dort, wo es uns vielleicht auch wehtut, finden wir das mit den Menschenrechten nicht mehr ganz so wichtig."

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