Sichergestellte Nowitschok-Spuren:Kreml zweifelt an Vergiftung Nawalnys durch Wasserflasche

Oppositionsführer Nawalny in Deutschland

Das Spezialflugzeug mit dem Kremlkritiker Nawalny an Bord am 22. August auf dem Berliner Flughafen Tegel. Mit dem Flugzeug sollen die Wasserflaschen nach Deutschland transportiert worden sein, an denen sich Spuren des Kampfstoffes Nowitschok fanden.

(Foto: dpa)

Das Team des russischen Oppositionsführers hält es für wahrscheinlich, dass Alexej Nawalny auf russischem Boden mithilfe eines im Hotel servierten Mineralwassers vergiftet wurde. "Absurd", heißt es aus dem Kreml.

Der Kreml hat nach eigenen Angaben Zweifel an neuen Belegen, die dafür sprechen, dass der Oppositionelle Alexej Nawalny bereits auf russischem Boden vergiftet wurde. Nawalnys Team hatte zuvor berichtet, dass an einer Wasserflasche in seinem Hotelzimmer im sibirischen Tomsk Spuren des Nervengiftes Nowitschok gefunden worden seien.

"Die Geschichte enthält zu viel Absurdes, um jemanden aufs Wort zu glauben", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Freitag in Moskau der Agentur Interfax zufolge. "Wir können das nicht aufklären, weil die Flasche, wenn sie es war, ins Ausland gebracht wurde - nach Deutschland oder woanders", meinte Peskow.

Das, was als Beweise für eine Vergiftung gelten solle, sei mitgenommen worden. "Toxikologen sagen, eine Flasche mit Spuren eines chemischen Kampfstoffes kann man nicht einfach irgendwo hinbringen."

Nawalnys Team hatte erklärt, dass ein deutsches Labor die Nowitschok-Spuren an der Wasserflasche nachgewiesen habe. Das Team veröffentlichte ein Video, auf dem zu sehen ist, wie Nawalnys Mitarbeiter trotz Warnungen einer Hotelangestellten in dem Zimmer sämtliche möglichen Beweismittel mit Handschuhen aufgriffen und in Plastiktüten verstauten.

Sie hätten sich zu dem Schritt entschieden - unmittelbar, nachdem sie Nachricht über den Zusammenbruch Nawalnys während des Fluges von Tomsk nach Moskau erhalten hatten, hieß es. Einige Mitarbeiter hatten sich demnach noch in Tomsk aufgehalten, um die Produktion eines Videos zu beenden. Sie seien zusammen mit einem Anwalt in das Hotelzimmer gegangen, hieß es.

"Wasserflaschen im deutschen Rettungsflieger transportiert"

Der russische EU-Botschafter Wladimir Tschischow hatte dazu bereits am Donnerstag mitgeteilt, dass diese Angaben zu viele Ungereimtheiten für ihn enthielten. Die Flasche sei "auf irgendeinem unbekannten Weg" in Berlin aufgetaucht und habe dabei "offensichtlich alle Flughafenprozeduren" umgangen, sagte er im russischen Staatsfernsehen. "Wer hat sie aus dem Hotelzimmer mitgenommen?"

Dazu sagte der Filmproduzent Jaka Bizilj, der Nawalnys Rettungsflug nach Berlin organisiert hatte: "Die Wasserflaschen, um die es jetzt geht, wurden im deutschen Rettungsflieger transportiert." Nawalnys Stabschef habe ihn darum gebeten, sagte er der Bild-Zeitung.

In Moskau gab es zuletzt immer wieder die Behauptung, Nawalny sei womöglich erst nach seiner Abreise vergiftet worden und nicht in Russland. Russische Ärzte hatten nach eigener Darstellung keine Hinweise auf eine Vergiftung gefunden.

Kremlsprecher: "Es wäre sofort der Ausnahmezustand ausgerufen worden"

Kremlsprecher Peskow sagte, Aufschluss könne es nur geben, wenn Deutschland die Ergebnisse der Untersuchung Russland zur Verfügung stelle.

Nawalny wird seit dem 22. August in der Berliner Universitätsklinik Charité behandelt. Wochenlang lag er in einem künstlichen Koma. Nach Angaben von Speziallaboren wurde er mit einem international verbotenen Nervenkampfstoff der Nowitschok-Gruppe vergiftet. Russland bestreitet Vorwürfe, etwas mit dem Fall zu tun zu haben.

Peskow sagte, wenn in Russland Spuren chemischer Waffen gefunden worden wären, dann wäre Kremlchef Wladimir Putin auch sofort darüber informiert und der Ausnahmezustand ausgerufen worden.

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Nawalny im Krankenhaus

Videobotschaft
:Nawalny soll in seinem Hotel vergiftet worden sein

Das behauptet das Team des Kremlkritikers, nachdem das Zimmer untersucht wurde, in dem der Politiker geschlafen hatte, bevor er zusammenbrach. Nawalny soll das Gift mit einer Flasche Mineralwasser zu sich genommen haben.

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