Naturschutz:Wald statt Kohle

Ein geplanter Mega-Markt im Saarland scheitert am Widerstand eines Bürgermeisters.

Von Susanne Höll

Aus dem Saarland ist von einem Wunder zu berichten. Vom Sieg eines quirligen Davids über einen regionalen Goliath, vom Triumph des Naturschutzes über geschäftliche Interessen, nach einem bitteren Streit, der die Region spaltete und schließlich die obersten Umweltschützer Deutschlands alarmierte. Das Handelsunternehmen Globus ist trotz Unterstützung einflussreicher Landespolitiker und Teilen der Bevölkerung mit dem Plan gescheitert, am Rande eines einstigen Kohlereviers bei Neunkirchen ein riesiges Einkaufszentrum mitsamt einigen Hundert neuen Jobs zu schaffen.

Bewirkt hat dies der Bürgermeister der 17 000-Einwohner-Gemeinde Illingen, Armin König. Mit seiner Kampagne gegen den Neubau hat er sich Feinde gemacht. Nun aber darf sich der Christdemokrat feiern lassen für den Erfolg von ökologischen Belangen über ökonomische Expansionswünsche. Vor ein paar Monaten hätte niemand gedacht, dass der Kampf um die Betzenhölle so ausgehen würde.

Betzenhölle, so heißt die ziemlich wüste Gegend an der B 41, ein junger Wald auf einer ehemaligen Halde, die Globus nur zu gern im Austausch gegen eine andere Kohlen-Brache erworben hätte, König aber nicht hergeben wollte. Zwar ist er nicht der Eigentümer. Aber er gehörte zu denjenigen, die vor einigen Jahren beschlossen, dass den verkümmernden heimischen Montanrevieren neues Leben, besser gesagt, frische Flora und Fauna eingehaucht werden müsse.

So entstand die "Landschaft der Industriekultur Nord", kurz LIK genannt, inzwischen ein Vorzeigeprojekt, prämiert und vom Bund gefördert. Kein Naturschutzgebiet im traditionellen Sinne, aber ein besonderes Landschaftsprojekt mit Bauverbot auf dem gesamten Gelände. Die Betzenhölle liegt unmittelbar an der B 41, was Globus lockte. Im Raum Neunkirchen gibt es noch keinen seiner Einkaufsmärkte. Im Saarland ist die Traditionsfirma einer der größten Arbeitgeber, unter den Handelskonzernen aber nur ein Zwerg. Rewe und Edeka machen dem Unternehmen das Leben schwer, ein neuer Mega-Markt würde, so die Hoffnung des Familienunternehmens, die Konkurrenten nicht übermächtig werden lassen.

Aus der Traum. Das Bundesumweltministerium macht keinen Hehl daraus, dass mit der für einen Supermarktbau notwendigen Genehmigung nicht zu rechnen ist. Die Chancen für den Bau "tendieren gegen null", heißt es aus dem Ressort, das die Fördermittel für die LIK zur Verfügung stellt. Und diejenigen, die in Saarbrücken mit den Dingen bestens vertraut sind, sagen kurz und bündig: "Das Globus-Projekt ist tot. König hat gewonnen." Ohne Berliner Hilfe hätte der Bürgermeister den Kürzeren gezogen. Denn die Ministeriellen gaben der Umwelt den Vorrang vor wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Interessen des Saarlandes.

Und Globus? Dort mag man dieser Tage keine Fragen nach dem Betzenhöllen-Debakel beantworten. Aber man orientiert sich inzwischen neu. Zusammen mit der Stadt Neunkirchen wird nach einem alternativen Bauplatz gesucht. Doch auch wenn Ersatz gefunden wird, steht jetzt schon fest: So gigantisch wie der einst geplante Mega-Markt im Schutzgebiet wird ein neues Einkaufscenter sicher nicht ausfallen.

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